Читать книгу A votre santé. Der Coach im Weinberg онлайн
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Aber ist es nicht ein bisschen weit hergeholt, in dem von uns nachgezeichneten Mythos die Schlange mit dem Coach in Verbindung zu bringen? Beruhigen wir uns: In vielen Mythen, und schon gar in dem hier angesprochenen ist vieles weit hergeholt, und die Deutungen der Geschichte über den paradiesischen Verlust spiegeln seit Jahrtausenden die Interessen derjenigen wider, die um eine Deutungshoheit bemüht waren. Der hebräische Begriff amrun, mit dem die paradiesische Schlange charakterisiert wurde, bedeutet zunächst »klug«. So, wie sie geschaffen wurde, war sie nicht nur eines der intelligentesten Tiere, sondern sie besaß auch die Fähigkeit, ruhig zu verharren und abzuwarten, bis ein ihr zusagendes Subjekt vorbeikam. Sie war, wie die Katze und andere Spezialisten, nicht darauf angewiesen, sich ständig an die sich verändernde Umwelt anzupassen und unterwegs zu sein. Sie wartet ab und beobachtet, was ihr Klientel eigentlich will, und ihre Spezialisierung liegt darin, im günstigen Augenblick günstige Fragen zu stellen, und das heißt zumeist solche Fragen, die den Klienten in seinem Erkenntnis- und Entwicklungsgewinn weiterbringen. Hierbei vermeidet sie Ratschläge, weil sie weiß, dass dies die sicherste Methode ist, um die Veränderungsbereitschaft zu bremsen. Und wie macht sie das? Sie stellt zunächst einmal Fragen – möglichst keine geschlossenen, also Ja-/Nein-Fragen wie der Berufsstand der Sportjournalisten (»War es ein gutes Gefühl, dass Sie und Ihre Mannschaft diesmal alle Vorgaben Ihres Trainers umsetzen konnten?«). Im biblischen Beispiel fragt sie: »Ja, sollte Gott gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von den Früchten der Bäume im Garten?« Es ist eine Frage, die nicht »zu« macht, sondern eine, die Suchprozesse auslöst. Und so antwortet Eva: »Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten; aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esst nicht davon, rührt’s auch nicht an, dass ihr nicht sterbt.« Und schon hat die Schlange den Fuß in der Tür. Sie kann zurückfragen: Was ist denn damit gemeint? Und sie gibt die kleine Hilfestellung durch ein alternatives Deutungsmuster: »Ihr werdet mitnichten des Todes sterben; sondern Gott weiß, dass, welches Tages ihr davon esst, so werden eure Augen aufgetan, und werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist« (1. Buch Moses, Kap. 3, Vers 5).