Читать книгу Grundeinkommen von A bis Z. Dafür - Dagegen - Perspektiven онлайн

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Es ist skurril: Care-Arbeit macht mehr als die Hälfte des notwendigen Arbeitsvolumens in der Gesellschaft aus und wird nicht gesehen, wenn über Arbeit debattiert wird. Sie wird auch übersehen, wenn über fehlende Arbeitsanreize bei einem Grundeinkommen spekuliert wird. Sie ist Arbeit um des anderen Menschen willen. Heilende Arbeit, bildende Arbeit, seelische, erzieherische Arbeit. Ohne sie wird niemand groß, die «Arbeitskräfte» kommen nicht aus dem Nichts. Mit der Diskussion um das Grundeinkommen ist diese Arbeit vermehrt in den Blick geraten, sichtbarer geworden, da ja – vereinfacht – auch Hausfrau oder Hausmann ein Grundeinkommen erhielten. Aber die möglichen Folgen sind umstritten.

Rückschritt in Sachen Gleichberechtigung?

«Wir müssen Care-Arbeit auf andere Weise ermöglichen, als diejenigen Menschen, die sie erledigen, mit dem Existenzminimum abzuspeisen. Und genau das ist der Fall, wenn das Grundeinkommen als Ermöglichung von häuslicher Care-Arbeit betrachtet wird», sagt die Innovatorin Nadja Schnetzler aus Biel. «Die Sorge vieler Feministinnen ist, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen auch ein Rückschritt sein könnte, weil die Gefahr besteht, dass es als Quasilohn für häusliche Care-Arbeit angesehen wird. Frauen haben sich Gleichberechtigung und Zugang zum Erwerbsarbeitsmarkt seit den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts hart erkämpft. Männer legen bis heute im Beruf einen viel größeren Wert auf Status und Einkommen, während es Frauen vor allem wichtig ist, dass sie etwas tun, was für sie und für andere sinnvoll ist. (…) Männer entscheiden sich aus diesem Grund wesentlich seltener als Frauen dafür, ihre Erwerbsarbeit aufzugeben oder zu reduzieren, wenn es zum Beispiel notwendig wird, für Kinder, die älter werdenden Eltern oder Schwiegereltern zu sorgen», so Nadja Schnetzler. «Frauen würden mehrheitlich das tun, was zu tun ist, und sich mit dem Grund­einkommen zufriedengeben, während Männer Status und Verdienst folgen. (…) Ein Grundeinkommen könnte zu einer Zweiklassengesellschaft führen, weil es das Dilemma nicht aufhebt, dass Menschen sich zwischen Geld, Karriere und öffentlichem Einfluss auf der einen und Sorgearbeit auf der anderen Seite zu entscheiden haben.»

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