Читать книгу Mit dir, Ima онлайн
2 страница из 55
Daniela Kuhn
Mit dir, Ima
Limmat Verlag
Zürich
1
Im Dezember treffen sich die Israelis in grossen Gruppen am Strand, junge Familien mit zwei oder mehr Kindern, die alle miteinander befreundet zu sein scheinen, obwohl sie sich bis vor Kurzem noch nicht gekannt haben. Goa ist ihr Winterdomizil. In meinem Bett, unter dem Moskitonetz, höre ich die Nachbarskinder miteinander spielen oder ihren Eltern rufen: «Abba, Ima!» – Vater, Mutter!
Hebräisch ist die Sprache meiner Mutter, unsere Geheimsprache. Vorgestern habe ich per Skype mit ihr gesprochen. Bevor ich abreiste, habe ich ihr ein Tablet gekauft und ihr gezeigt, wie sie es benutzen muss. Sie ist zweiundachtzig Jahre alt und hatte bisher weder Smartphone noch Computer. Es wird noch etwas dauern, bis sie das Gerät mühelos bedienen kann. Aber ich glaube, sie wird es lernen. Und bis dahin hilft ihr Ben.
Ben ist ihr Freund. Die beiden haben sich vor acht Jahren im Zürcher Seefeld kennengelernt, sie waren Nachbarn im selben Haus. Ben hatte während Jahrzehnten mit seiner Mutter dort gewohnt. Sie war gerade verstorben, als meine Mutter einzog, der Himmel schickte ihm einen veritablen Ersatz. Später gelangte das Haus in die Hände eines Spekulanten, meine Mutter zog in eine Wohnung, die ich für sie mietete, und Ben fand Unterkunft in einer betreuten Wohngruppe.