Читать книгу Mit dir, Ima онлайн

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Als mein Vater erstmals die Scheidung einreichte, war ich sieben Jahre alt. Bevor ich ins Bett gehen musste, fragte ich ihn: «Kann ich bei dir bleiben?» Immer wieder wollte ich hören, er werde dafür kämpfen, er werde alles dafür tun, was in seiner Macht ste­­he. Die Vorstellung, das Gericht werde das Sorgerecht meiner Mutter zusprechen, kam für mich einem Fall ins Bodenlose gleich. Mein Leben stand auf dem Spiel. Ich muss sehr erleichtert gewesen sein, als mein Vater mir endlich mitteilen konnte, er habe das Sorgerecht erhalten.

Die andere Frage, die mich beschäftigte, liess sich länger nicht beantworten: «Werde auch ich einmal so krank wie Ima?» Ich stellte sie meinem Vater. Er war der einzige Mensch, mit dem ich über meine Mutter sprach. Nur über uns fegte der Sturm ihres Wahnsinns hinweg, nur wir beide liebten sie. So wichtig mein Grossvater für mich war, so sehr mich die Eltern meines Vaters umsorgten – im Haus meiner Grosseltern wurde meine Mutter kaum erwähnt. Die Devise lautete: Nöd vor em Chind. Fünfzig Jahre zuvor hatte mein Grossvater den Tod seiner ersten Frau und ihres neugeborenen Kindes seiner achtjährigen Tochter zwei Wochen lang verschwiegen und das Mädchen an der Beerdigung seiner Mutter nicht teilnehmen lassen. Diese Unge­heuerlichkeit im Sinne einer verqueren Schonung beschäftigte meine Tante, die Halbschwester meines Vaters, noch achtzig Jahre später.

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