Читать книгу 50 Jahre Frauenstimmrecht. 25 Frauen über Demokratie, Macht und Gleichberechtigung онлайн

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Wann haben Sie festgestellt, dass Frauen und Männer nicht dieselben Chancen und Möglichkeiten haben?

Ich wurde vom Feminismus schon als Teenager infiziert. Ich kann mich an zwei Begebenheiten erinnern: Einmal hat mich der Rektor meiner Schule in Bern ins Rektorat bestellt und mich gefragt, was ich eigentlich in einem Gymnasium verloren hätte: Ich würde doch nur einem Jungen den Platz wegnehmen und selber nicht für mehr als eine Eisrevue taugen. Eislaufen war damals meine grosse Leidenschaft. Ich war so wütend auf meinen Rektor. Wenn er gesagt hätte, ich würde jemandem den Platz wegnehmen, der – geschlechtsneutral! – mehr für die Schule arbeitet, dann O.K. Aber diese Argumentation war für mich damals schon nicht in Ordnung.

Dann haben Sie den Feminismus aber schon ganz schön früh entdeckt.

Als ich 14 oder 15 Jahre alt war, hat mein Vater einmal in Muri, wo wir wohnten, einen Vortrag gehalten über irgendeine Finanzreform. Er war damals Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung. Ich habe ihn gefragt, ob ich mitkommen kann, und er meinte: «Du wirst zwar nichts davon verstehen, aber wenn du willst, kannst du mitkommen.» Da bin ich mit. Als ich in den Vortragsraum gekommen bin, war der Saal schon ziemlich voll. Ich habe mich in die hinterste Reihe in die Ecke gesetzt, so konnte ich den ganzen Raum sehen. Und mir ist aufgefallen, dass nur zwei weibliche Wesen anwesend waren: Ich und die Serviertochter. Da trat der Veranstaltungsleiter ans Podium und weil er mich hinten in der Ecke sitzen sah, begann er seine Rede mit «Meine Damen und Herren». Dabei habe ich vor mir nur so «beglatzte» Köpfe gesehen, die sich erst verwundert und dann zunehmend empört zu mir umsahen. Sie fragten sehr offen, was denn eine Frau hier drinnen verloren habe. Wieder zu Hause habe ich das meiner Mutter erzählt. Ihre Antwort: «Das ist halt, weil Frauen kein Stimmrecht haben. Darum gehen sie auch nicht an solche Veranstaltungen.» Ich weiss noch, wie ich zu meiner Mutter gesagt habe: «Aber das geht doch einfach nicht! Das muss man doch ändern.» Und meine Mutter hat geantwortet: «Ja, das wird sich auch einmal ändern irgendwann. Aber wahrscheinlich dauert es noch lange.»

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