Читать книгу 50 Jahre Frauenstimmrecht. 25 Frauen über Demokratie, Macht und Gleichberechtigung онлайн
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Schlagfertig!
Ja. Das war ein Blitzeinfall, live übertragen in alle Haushalte.
Wie aber sind Sie mit der Bürde umgegangen, keine Fehler machen zu dürfen, da alle Augen – die der Kollegen, aber auch die der Öffentlichkeit – auf Sie gerichtet waren?
Mit einem eisernen Willen. Auch auf Äusserlichkeiten musste ich stark achten, viel stärker als die Männer. Ich musste darauf achten, dass ich anständig angezogen war. Ich bin auch ab und zu zum Friseur. Da stand dann gern mal auf der Titelseite einer Zeitschrift: «Frau Kopp mit neuer Frisur!» Da habe ich über die Prioritätensetzung der Medien schon oft den Kopf geschüttelt. Und natürlich war es furchtbar anstrengend, immer unter Beobachtung zu stehen.
Sie durften keine Schwäche zeigen?
Niemals. Ich erzähle Ihnen ein Beispiel dazu: Seit meiner Kindheit leide ich an Migräne. Das sind Schmerzen, dagegen ist eine Geburt gar nichts. Für mich kam gar nicht in Frage, deswegen mal eine Sitzung abzusagen. Es hätte sofort geheissen: «Wir haben doch immer gesagt, die Frauen können das nicht, die sind ja immer krank!» Wenn einer meiner Kollegen eine Grippe hatte, dann ist er halt auch bei einer Bundesratssitzung einfach zu Hause geblieben. Ich habe mich sogar einmal mit einer schweren Migräne in den Ständerat gequält. Das war einer meiner schlimmsten Tage überhaupt. Im Rückblick muss man vielleicht sagen, dass ich mich auch fälschlicherweise so unter Druck gesetzt habe. Denn natürlich darf auch eine Frau einmal krank sein. Aber alles, was ich getan habe, wurde stärker beäugt und härter bewertet. Das ging bis zur Geschichte um meinen Rücktritt. Heute weiss man, dass die Vorwürfe damals falsch waren. Die Öffentlichkeit hat sich aber darauf gestürzt, wie es bei einem Mann nie passiert wäre.