Читать книгу Das Gesetz des Wassers. Ein Tanner-Kriminalroman онлайн

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In der Zwischenzeit hat sich die Menge der Leute hinter der Absperrung verlaufen, denn es gibt nichts Spannendes mehr zu sehen. Einzig Tanner sitzt noch auf seiner Treppenstufe. Die Nachtluft ist endlich angenehm kühl. Still ist es geworden. Die Straßenbahnen fahren nicht mehr und Autos sind nur noch sporadisch zu hören.

Tanner stellt sich die kleine Gedankenaufgabe, wie er es anstellen würde, mitten in der Stadt eine nackte Leiche im Brunnenbecken zu platzieren. Über Motiv oder Tathergang kann er ohne Anhaltspunkte gar nicht nachdenken. Er weiß ja nicht einmal, wie Michiko ermordet wurde. Wegen der Distanz zum Brunnen konnte er weder eine Verletzung noch eine Schusswunde erkennen.

Es müssen auf jeden Fall mehrere Täter gewesen sein. Mindestens drei. Für eine professionelle Nachtaktion mitten in der Stadt wären vier oder fünf Männer besser. Die Männer kommen mit einem Auto – wahrscheinlich mit einem Lieferwagen – und fahren so nahe wie möglich zum Brunnenbecken. Es gibt zwei Stellen, wo ein Auto unweit des Brunnens relativ unverdächtig anhalten könnte. Wenn die Polizei weg ist, wird Tanner aufstehen und beide Stellen überprüfen. Also, bei der einen oder anderen Stelle hält ein Lieferwagen. Drei bis fünf Männer sitzen im Auto. Sie kurbeln die Fenster runter und beobachten ruhig den Brunnen und die Umgebung. Wahrscheinlich flanieren noch ein paar Leute beim Brunnen. Das eine oder andere Paar sitzt auf dem Beckenrand, küsst sich und hält sich liebevoll umschlungen. Die Männer im Auto haben Zeit und Geduld. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, da ist plötzlich die Luft rein. Blitzschnell steigen sie aus dem Auto. Zwei behalten weiterhin die Umgebung scharf im Auge. Die beiden anderen packen die leblose Michiko, die wahrscheinlich in ein dunkles Tuch gehüllt ist – oder in einem großen Behältnis oder Wäschekorb liegt – und tragen sie ruhig zum Brunnen. Schwer war Michiko ja nicht. Tanner erinnert sich an den Moment, wo sie auf seinen Knien saß. Nach einer weiteren Sicherheitsüberprüfung steigen die zwei Träger in den Brunnen und legen die Leiche ins Wasser. Die ganze Aktion könnte nach Tanners Berechnung in neunzig Sekunden erledigt gewesen sein. Die zwei Träger, die in das flache Brunnenbecken steigen mussten, haben jetzt nasse Schuhe. Oder sie haben Stiefel getragen. Das Tuch, in das Michiko gehüllt war – oder der Transportbehälter, in dem sie lag – wird zurück ins Auto getragen. Alle steigen wieder ein – der Fahrer ist wahrscheinlich sowieso im Auto sitzen geblieben – und weg sind sie.

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