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NM: Wenn man heute sieht, wie die Ideologie der Kleinbürger immer weiter um sich greift, obwohl die Kleinbürger objektiv deklassiert werden, dann fragt man sich, wo eigentlich der Hebel zur Veränderung angesetzt werden könnte.
Ernst Bloch: Man soll das nicht fragen. Man soll den Inhalt seines Zweifels betrachten und abwarten und keinen Tee trinken. Und sich theoretisch weiter auf der Höhe halten. Es ist doch schon oft genug vorgekommen, dass es anders herauskam, als man dachte, und immer wieder gibt's doch Unterbrechungen.
Karola Bloch: Den Faktor der neuen Möglichkeiten muss man auch mit einbeziehen. Wer hätte gedacht, noch vor zwei Jahren, dass ausgerechnet in Portugal etwas Neues geschieht? Ich staune, woher nehmen die Leute überhaupt dieses politische Bewusstsein. Leute, die jahrzehntelang nichts lesen konnten, nichts wussten – wenn man betrachtet, mit welchem Enthusiasmus sie sich einsetzen, ist doch ganz erstaunlich. Auch Griechenland, wer hätte gedacht, dass Griechenland plötzlich eine andere Richtung einschlüge? Und so muss man sagen, dass vielleicht unerwarteterweise sich etwas ereignet, auch in einem der grossen Industrieländer, meinetwegen vielleicht in England, wo die wirtschaftliche Situation so katastrophal ist, könnt' ich mir vorstellen, dass vielleicht plötzlich in England der Groschen fällt und das Proletariat beschliesst: Jetzt wollen wir Schluss machen mit dieser faulen Gesellschaft, die's zu nichts bringt, und wir wollen mal tatsächlich mit Sozialismus beginnen …