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Alles Militärische war ihm zuwider, und so konnte er denn die argentinischen, aber auch die schweizerischen Generäle mit der gebührenden Abneigung darstellen und hinstellen. So deutlich wie er hat's niemand in der grossen Presse gesagt. Das Befehl-und-Gehorsam-System habe, so glaubte er, im Journalismus nichts zu suchen, er betrieb management by conviction und hat immer wieder darüber gestaunt, der grosse Stauner, wie viele höhere Feldgraue an den Schaltstellen seiner Firma sassen, die dann auch feldgrau schrieben. (Während er eher das Cézanne-Blau bevorzugte.) Vor dem Militärdienst hatte ihn sein lädierter Fuss bewahrt und vor dem militärischen Denken sein intakter Intellekt. Er freute sich, wenn man ihn darauf hinwies, dass auch der Teufel ein hinkender Bote sei und auf ungleichen Füssen daherkomme wie er selbst, und sagte zu diesem Thema: «Besser ein Bocksfuss als zwei Engelsfüsse» und fügte noch bei, dass er leider kein Schwefelgerüchlein zu verströmen vermöge wie der oder jener und das Dämonische sei bei ihm auf diesen struppierten Fuss beschränkt, leider. Mit solcher Behinderung kommt man weniger gleitig durchs Leben als die Langstreckenläufer des Managertums, und auch beim Erklimmen der Karriereleiter ist so was abträglich, und wenn man dazu auch noch von den Ellenbogen keinen richtigen Gebrauch zu machen weiss und nach der Maxime lebt, dass ein Journalist so viel wert ist wie seine Produktion und nicht so viel wie seine Büroorganisation – ja, dann ist einer selber schuld, wenn er nicht Chef wird. Führen wollte er nur durch die Qualität seiner Ideen und Texte, «der Laden läuft ja von selbst», pflegte er zu sagen, und die formale Hierarchie könnte das Denken nicht herstellen, sondern nur behindern. Da war er schon sehr platonisch eingestellt. In seinem unveröffentlichten Text hat er geschrieben: «Nein, ich habe keine gute Beziehung zur Macht, weder zur aktiven noch zur passiven. Ich übe nicht gern Macht aus, ich ertrage es auch nicht, wenn man auf mich Macht ausübt. In der Chefredaktion, in Vorständen und Exekutivräten nationaler und internationaler Organisationen fühlte ich mich nie wohl. Ich war zwar legitimiert, aber das half mir nichts, wenn ich an einer Redaktionskonferenz, die ich leitete, Kollegen anhalten musste, das oder jenes zu tun. Ich vergass die Legitimation und litt an der verqueren Situation: ein Mensch, der einen andern dazu bringt, etwas zu vollbringen. Grotesk.»

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