Читать книгу Anna Göldi - geliebt, verteufelt, enthauptet. Der letzte Hexenprozess und die Entdämonisierung der Frau онлайн

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Obwohl früher Kindstod damals verbreitet war, stand für die Leute in Sennwald ausser Zweifel, dass Anna Göldi ihr Kind umgebracht habe. Sie wurde wegen Kindsmordes an die Schandsäule gestellt und zu sechs Jahren Hausarrest verurteilt. Doch Anna Göldi kam vorzeitig frei und ging ins Glarnerland, wo sie im Haushalt eines der geachtetsten Politiker des Landes, Landamman Cosmus Heer, eine Anstellung fand. Heer war ein gemässigter Konservativer, bekannt für seine aufgeschlossene und soziale Gesinnung. Bei ihm in Glarus arbeitete Göldi drei Jahre lang, ehe sie 1768 zur reichsten Familie des Glarnerlandes, zu den Zwickys, nach Mollis wechselte: Im Zwicky-Haus, das heute noch als eines der feudalsten Herrschaftshäuser des Glarnerlandes bewundert werden kann, arbeitete sie sechs Jahre lang als Magd. Anna Göldi sprach im späteren Gerichtsverfahren von der «schönsten Zeit ihres Lebens».

Für Anna Göldi waren die Jahre in Mollis auch eine beweg­te Zeit: Mit Doktor Johann Melchior Zwicky (1745–1821), dem Sohn des Dienstherrn, ging sie eine Liebesbeziehung ein und wurde vom elf Jahre jüngeren Arzt schwanger. Doch allein der Standesunterschied zwischen der Magd und dem Spross einer der reichsten und mächtigsten Glarner Familien machte eine Heirat und damit die «Legalisierung» des Kindes unmöglich. Beide hatten sich des ausserehelichen Beischlafs strafbar gemacht und hielten die Schwangerschaft geheim. Als alleinstehende und schwangere Frau war Anna Göldi gezwungen, die Stelle bei den Zwickys aufzugeben und Mollis zu verlassen.

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