Читать книгу Bruder Tier. Mensch und Tier in Mythos und Evolution онлайн
41 страница из 72
Die Fische hingegen vertrauen ihre Eier in oft unendlicher Menge und Zahl dem Element des Wassers an, und selbst wenn manche Arten von ihnen Nester bauen und für Tage die Jungen betreuen, sind sie vom Säugetier und besonders von der Ordnung der Robben in Bau und Dasein und Verhalten unendlich weit entfernt. Der Fisch ist das Tier des Wassers, der Robben-Organismus aber ist nur an das Wasserleben angepasst. Die Gliedmaßen sind zu Schwimmfortsätzen umgestaltet; die Haut ist mit einer dicken Fettschicht unterlegt und gibt dem Tier den nötigen Wärmeschutz und die spindelartige, runde, für das Schwimmen so geeignete Körperform. Die Ohr- und Nasenöffnungen können im Wasser völlig verschlossen werden. So deuten alle Merkmale auf den Bewohner der Meere hin.
Wo aber liegt die Herkunft der Robben? Sind sie wirklich einstmals landbewohnende Säuger gewesen, die später ins Wasser gingen? Wenn das so gewesen wäre, müssten wir, mindestens andeutungsweise, Vorstufen dieser Meeresbewohner finden. Das ist aber nicht der Fall; fertig ausgestaltet treten sie in den beiden Endperioden des Tertiärs, im Miozän und Pliozän, auf. Nach Wachsmuths Untersuchungen9 entsprechen diese geologischen Epochen den Anfängen der alten atlantischen Zeit, sodass in dieser Erdepoche, in welcher die Urformen der Säugetiere sich erst auszubilden begonnen haben, die Robben schon fertig ausgestaltet auftreten. Liegt hier nicht ein Widerspruch vor, der eine Erklärung fordert? Sind die Robben vielleicht die Vorfahren aller damals entstehenden Säugetiere? Nicht Vorfahren im Sinne einer Evolutionslehre, die ein Tier aus dem anderen durch irgendwelche illusorischen Kräfte der Vererbung und Anpassung entstehen lässt, sondern Vorläufer so, dass sie ihre primitive Leibesform, ihre angedeuteten Glieder, ihren runden Körper bewahrt und nicht spezialisiert haben? Wahrscheinlich waren die Robben niemals wirkliche Landtiere, da die feste Erde erst um die Mitte der atlantischen Zeit so hart geworden ist, dass Tier und Mensch sich darauf stützen und Fuß fassen konnten.