Читать книгу GLOBALE PROVINZ. Entdeckung und Besiedlung der digitalen Welt 1980 bis 2020 онлайн

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Der Kern dieses Turing-Tests für Musikcomputer ereignete sich aber beim Internationalen Jazz-Festival in Zürich im Herbst 1991. Hier wurde ich eingeladen, die Komposition »Synthesis« auf der Bühne aufzuführen. Man sah also mich als den Pianisten am Flügel samt dem Atari-MDZ71-Computer und sonst nichts. Der bekannte Jazz-Kritiker und Drummer Nick Liebmann von der Neuen Zürcher Zeitung unterhielt sich nach diesem Konzert mit mir und meinte, diese Performance mit dem Computer sei ja nicht schlecht, aber die CD mit den lebenden Musikern finde er besser. Liebmann hatte also als Schlagzeuger die synthetischen Klänge der Synthesizer nicht erkannt. Er hatte auch nicht bemerkt, dass alle Perkussion programmiert war und nicht durch musizierende Menschen aufgeführt wurde.

Dieser »bestandene Turing-Test« war für mich ein Beweis, dass Mensch und Maschine sehr wohl kreativ und auf hohem Niveau zusammenarbeiten können, dass aber die Intelligenz durch und durch dem Menschen anheimgestellt bleibt.¶

Welche Lektionen hatte man beim MDZ71-Projekt gelernt? Es wurde verstanden, dass ein Teil dessen, was man unter »Musik« begreift, als Tonereignisse von einer Maschine erzeugt, gespeichert, manipuliert und wiedergegeben werden kann. Die Maschine kann sogar zu den Tonereignismengen neue, geometrische Perspektiven – im Sinne von Mazzolas Interpretation des Yoneda-Lemmas – ausrechnen. Es würde sich in naher Zukunft eine »algorithmische Musik« sogar automatisch oder halbautomatisch erzeugen lassen – und damit weit über das hinausgehen, was man bislang unter Elektronischer und Synthesizer-Musik verstanden hatte.

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