Читать книгу Leben nach der DDR. Was die Wende dem Osten brachte онлайн

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Mit der Einheit ist es ähnlich. »Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört«, hatte Willy Brandt mit der Autorität eines weisen alten Staatsmanns verkündet. Wie lange das dauern würde, sagte er nicht. Auch das war weise. Eigentlich lag es auf der Hand. Nach vierzig Jahren Trennung erkennen sich selbst Geschwister nicht so einfach wieder, und dass sie sich danach sehr schnell kennenlernen, erwartet niemand. Sie schaffen es aber, wenn sie miteinander reden.

Genau das gehört heute zu den Forderungen der Einheitsbesinnlichkeit. Man müsse mehr miteinander reden, sich die Biografien anhören, und der Westen solle gefälligst endlich einmal anerkennen, dass der Osten eine »riesige Transformationsleistung« erbracht habe.

Das ist eine reichlich verspätete Aufforderung. Wer das bis jetzt nicht getan hat, dürfte sich kaum dafür interessieren. Und es muss ja auch nicht sein. Kein ostfriesischer Fischer fährt ins Erzgebirge, um vom Bauern zu erfahren, ob das Fahren mit dem Traktor am Hang nicht ziemlich kompliziert ist. Nach Bayern zieht es ihn deshalb schon gar nicht, und der Almbauer interessiert sich auch nicht besonders dafür, ob man bei der Arbeit am Autofließband genügend frische Luft einatmet.

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