Читать книгу Love or Lie. Alles für dich онлайн

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Bist du rechtzeitig aufgestanden? Schaffst du die erste Bahn?

Keine fünf Minuten später eine weitere.

Also nicht. Soll ich anrufen?

Ich grinse in mich hinein. Merve als Wecker zu engagieren ist keine schlechte Idee. Denn diese acht Minuten Schlummern, die ich mir jedes Mal aufs Neue herausnehme, sind einfach genau die paar Minuten, die den Unterschied zwischen Stress und Gemütlichkeit ausmachen. Den Unterschied zwischen der früheren oder der späteren Bahn. Zur Antwort schicke ich den Affen-Emoji, der sich die Augen zuhält, ehe ich das Handy wieder einstecke. Ich sehe zu, wie es draußen zu nieseln beginnt, und bin froh, dass ich es zuvor noch in die Bahn geschafft habe. Der Herbst hat langsam seinen Höhepunkt erreicht und die Bäume in den Parks und Straßen tauchen New York in ein Meer aus Orange und Gelb. Dieser Anblick erinnert mich immer ein bisschen an Abschied nehmen. Wo andere die wunderschönen Farben sehen, sehe ich das nahende Ende.

Ich haste die letzten Meter zum Gebäude des Leighton Magazines, das sich durch seine ungewöhnliche organische Form von den rechteckigen Glasklötzen auf der Straße abhebt. Innerhalb dieses Wolkenkratzers befinden sich alle Redaktionen der Leighton-Gruppe, auch das Modemagazin Skyscraper, für das ich seit zwei Jahren arbeite. Der Nieselregen hat sich beruhigt und ist nur noch als leichter Nebelhauch auf der Haut zu spüren. Meine Blase ist gefühlt kurz vor dem Platzen und ich bete inständig, sie möge sich nicht hier und jetzt entleeren. Innerlich schreiend stolpere ich die Stufen zur Eingangstür hinauf und verschütte dabei eine geraume Menge des frisch erworbenen Caffè Latte über mich, den ich für meine Chefin besorgen sollte. So ein Mist! Ich spüre die heiße Flüssigkeit zwischen meinen Brüsten hinabrinnen und verfluche mich. Das darf doch nicht wahr sein. Heute geht wirklich alles schief, was schiefgehen kann. Ich muss irgendetwas Furchtbares getan haben, womit es mir die Göttin Karma nun heimzahlen will. Nach dem Ausmaß meines Peches zu urteilen, habe ich jemanden auf dem Gewissen. Während ich überlege, wen ich versehentlich ermordet haben könnte, schlürfe ich den Rest des Getränks aus und versenke den leeren Becher mit einem gekonnten Wurf in einem der Mülleimer. Ein kleines Grinsen schleicht sich dabei auf mein Gesicht. Dann wird es für Mrs. Chain eben keinen Kaffee geben. Vielleicht ist genau dieses böse Denken verantwortlich für deine Probleme, schießt es mir durch den Kopf, und mein Grinsen erstirbt.

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