Читать книгу China seit 1978. Politik, Wirtschaft, Gesellschaft онлайн

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Das vorliegende Buch ist von zwei Anliegen getragen. Zum einen möchte es diesen extremen und vielfach politisierten Einordnungen ein Bild der Heterogenität und Komplexität entgegensetzen, das zu differenzierteren Urteilen zwingt. So verbirgt sich hinter den beeindruckenden aggregierten Werten für die nationale Entwicklung Chinas ein drastisches Entwicklungs- und Wohlstandsgefälle zwischen den Küstenprovinzen und dem Hinterland sowie zwischen Städten und ländlichen Regionen. Der Unterschied zwischen Stadt und Land entscheidet sogar maßgeblich über die soziale Situation und die Aufstiegschancen des Einzelnen. Vorstellungen von einem in seinen ökonomischen oder politischen Strukturen spezifischen chinesischen »Modell« blenden Variationen und komplexe Beziehungsgefüge innerhalb des Landes und auch die Interdependenz zwischen China und dem Ausland aus. So weist China eine Vielzahl regionaler, wenn nicht sogar lokaler Entwicklungsmodelle auf. Die KPCh hält sich nicht allein durch Repression, Zwang und Kontrolle an der Macht, sondern über diverse Instrumente der Kooperation mit der Gesellschaft. Außerdem ist das Land über Handel, Investitionen und Lieferketten eng mit anderen Ländern verflochten. Hierfür ist die Interdependenz zwischen China und Deutschland ein gutes Beispiel: China ist der wichtigste Handelspartner Deutschlands mit einem Volumen von 212,1 Mrd. Euro – selbst im Corona-Jahr 2020.8 Deutsche Automobilkonzerne bezeichnen China sogar als ihren »zweiten Heimatmarkt«, was mit der Bilanz des VW-Konzerns gut veranschaulicht werden kann: Bei diesem betrug 2019 der Anteil der in China verkauften Pkw 38,6 Prozent.9 Schon dieses einzige Beispiel von Verflechtung legt nahe, dass wir, wenn wir schon von einem »Aufstieg« Chinas sprechen, uns selbst als Teil dieses »Aufstiegs« begreifen müssen. Allein über China als Absatzmarkt deutscher Autos profitieren wir von einem Regime, das eine zahlungskräftige, autoaffine Mittelschicht geschaffen und an sich gebunden hat. Dass Volkswagen auch in Xinjiang ein Werk unterhält, spitzt das moralische Dilemma der ökonomischen Kooperation mit China nur noch zu. Im Übrigen ist eine dichotomische Gegenüberstellung von einem autoritären China und einem liberalen Westen allein deshalb verfehlt, weil auch »der Westen« weder durch Einmütigkeit der Werte noch durch Geschlossenheit des Handelns gekennzeichnet ist.

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