Читать книгу Pellegrina. Eine italienische Radsportwallfahrt онлайн

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Es ist der erste Tag meiner Radsportwallfahrt durch Italien, und während meiner Wanderung kommt mir plötzlich eine Frage in den Sinn, die so grundsätzlich ist, dass ich gar nicht begreife, warum ich sie mir nicht schon viel früher gestellt habe. Warum laufe ich vier Kilometer zu irgendeinem verfallenen Dorf in Norditalien, um ein Haus von jemandem zu finden, den ich gar nicht persönlich kenne? Hoffe ich etwa darauf, dass Basso dort im Garten steht und den Rasen mäht oder in der Einfahrt an seinem Fahrrad herumschraubt? Dass er mich kommen sieht und mir zuruft: »Hallo, ich bin Ivan Basso, der Radrennfahrer, sollen wir zusammen Mittag essen gehen?« Ich habe mal ein Jahr lang in Rom studiert und in dieser Zeit immer wieder das Grab des englischen Dichters John Keats besucht. Damals war ich weniger verlegen, als ich es heute bin, auf dem Weg zum Haus von Basso. Aber wonach war ich damals eigentlich auf der Suche?

Sie werden »Pilger« genannt, die Fans, die ihren Idolen hinterherreisen. Ein Wort, das nicht nur auf den quasi-religiösen Charakter solcher Reisen verweist, sondern auch etwas über den emotionalen Wert einer solchen Unternehmung für den Einzelnen aussagt. Immer spielt die Erwartung eine Rolle, dass der Besuch eines solchen magischen Orts etwas bewirken wird, dass die Reise vielleicht sogar den Pilger selbst verändern wird. Tatsächlich bewirken Orte überhaupt nichts. Was den Pilger verändert, kommt aus ihm selbst heraus, aus seinen Gedanken. Die Reise bezieht ihren Wert aus dem Imaginationsvermögen.

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