Читать книгу Krautrock. Gegenkultur, LSD und kosmische Klänge онлайн

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Anders als Beat und Rock’n’Roll ist der Jazz nicht Sprachrohr einer spezifischen (amerikanischen) Jugendkultur, sondern vielmehr die Musik einer intellektuellen Elite, der nach den Erfahrungen des Dritten Reiches jede Massenbewegung zutiefst suspekt ist. Jazz ist neu, lebensbejahend und gilt als internationale, offene Musikform. Die erblühende junge Jazzszene leidet deshalb auch nicht unter einem Minderwertigkeitskomplex gegenüber den angelsächsischen Kollegen: »Wir haben viel experimentiert und alle möglichen Sachen ausprobiert«, sagt Hellmut Hattler, der seine Karriere als Bassist in einer Ulmer Jazzband beginnt. »Es war ein guter Testlauf.«

Musik für Minderheiten:

Blues

Eine andere Nische, die sich vielen deutschen Nachwuchsmusikern eröffnet, ist der Blues: Im Rahmen des musikalischen Wanderzirkus American Folk Blues Festival zeigt sich dieser erstmals in einer modernen Vielfalt, die ihre kulturellen Eigenheiten bejaht. Die von Horst Lippmann und Fritz Rau präsentierte Tournee gastiert von 1962 an regelmäßig auf großen europäischen Bühnen wie dem Pariser Olympia oder dem Berliner Titania-Palast und löst eine wahre Blues-Begeisterung aus. Bejubelte Auftritte US-amerikanischer Legenden hieven den in seiner Heimat vergleichsweise wenig geschätzten Stil plötzlich ins internationale Rampenlicht. »Viele amerikanische Musiker haben in Europa den Respekt bekommen, der ihnen zu Hause verwehrt blieb«, sagt Roman Bunka. Vor allem Textinhalte und Gesang bieten ein willkommenes Ventil für eine lang angestaute Emotionalität. Dieses neu geweckte Interesse verstärkt sich ab Mitte der Sechziger durch den Boom des britischen Rhythm and Blues. John Mayall, Alexis Corner, Savoy Brown oder Ten Years After spielen eine leicht unterkühlte Variante des US-amerikanischen Stils und setzen damit einen »erwachsenen« Gegenpol zur grassierenden Beat-Hysterie.

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