Читать книгу "... es ist ein zu starker Contrast mit meinem Inneren!". Clara Schumann, Johannes Brahms und das moderne Musikleben онлайн

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Johannes ging im gleichen Alter mit dem Segen seiner Familie in die Fremde. Sein Ehrgeiz dürfte zunächst einmal darin bestanden haben, mit handfesten Ergebnissen in den Kreis der Seinen zurückzukehren. Er hatte mit Reményi vor dieser Konzerttournee nur in Hamburg und Winsen auf der Bühne gestanden. Durch gelegentliche Auftritte in der Region weckten die beiden Musiker die Aufmerksamkeit eines gut situierten Beamten namens Blume, der als Verwalter über Kontakte in einige Bezirke nördlich der damals preußischen Provinzhauptstadt Hannover verfügte. Auf seinen Rat hin steuerten sie zunächst Lüneburg, Hildesheim und Celle an. Durchaus realistisch erscheint eine Überlieferung, derzufolge Brahms es seinem Kollegen bei einer der Darbietungen ersparen wollte, seine Geige wegen des miserablen Klaviers um einen halben Ton hinabzustimmen. Stattdessen transponierte er im Konzert selbst Beethovens Violinsonate op. 30, Nr. 2 von c nach cis-Moll. Noch als reifer Künstler ließ Johannes in einem Brief an Clara die Bemerkung fallen, das »Transponieren-Lernen« halte er für eine »Übungs- und Gewohnheitssache«, denn »wer alle Tage Sänger zu begleiten hat, wird es bald lernen«.34 Bereits sein Lehrmeister Marxsen hatte ihn stets ermutigt, bedeutende Musikstücke vom Blatt in alle möglichen Tonarten zu transponieren, um dadurch technische Flexibilität zu erlangen. Allerdings dürfte dieses Improvisationstalent den wenigsten aufgefallen sein. Was hingegen ins Auge stach, waren die unterschiedlichen Temperamente. Reményi besaß das, was dem introvertierten Brahms abging: Draufgängertum und ein Talent zur Selbstdarstellung. Der Hanseat begeisterte sich dennoch sein Leben lang für die sogenannte »Zigeunermusik« und schrieb später selbst »Ungarische Tänze« und »Zigeunerlieder«. Die für Norddeutsche exotisch anmutenden Rhythmen und der Elan dieser Musik besaßen den Hauch von Freiheit – sie schien die Musik der mutigen Außenseiter zu sein. Brahms’ eigene Musik indes, die in jener Zeit entstand, erzählte von inneren Kämpfen, wie etwa die ersten Klaviersonaten oder die frühen vom Pianoforte begleiteten Gesänge für Tenor- bzw. Sopranstimme.

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