Читать книгу Der Dunkelgraf онлайн

44 страница из 129

Wie du kindisch fragst, mein liebes Kind! war die Antwort. Würde ich dich laut und offen meinen Enkel nennen? Würde ich dich mit Sorgfalt und Liebe auferzogen haben? Würde ich dir gestattet haben, unser Wappen zu führen? Glaube das Eine fest, und lasse dich durch das Andere nicht beugen. Du bist auf dem Wege ein Mann zu werden, sei ein Mann! Vergiß das Herbe und Peinliche der gestrigen Stunde; vergieb dem Grafen: er war gereizt, er wußte nicht, was er that.

An ihm wird es daher sein, mich um Vergebung zu bitten, entgegnete der Jüngling, dessen Wangen neu auflodernde Schaam mit Zorn im Bunde wieder röthete.

Lass’ das jetzt, sprach die Gräfin. Entdecken kann und darf ich dir nichts, mein geliebtes Kind! Du mußt das Dunkel deiner Geburt mit dir nehmen als deinen Schatten, denn ich bin nicht berechtigt, die Geheimnisse gewisser Personen zu lösen, die jene mir anvertraut und die mit sieben Siegeln verschlossen und mit den dichtesten Schleiern überhüllt sind. Aber etwas Tröstliches kann und will ich dir sagen. Es ist ein mächtiger Unterschied, den aber die Befangenheit, Mangelhaftigkeit und Starrheit der Gesetzgebung niemals anerkannt hat, zwischen den zur Welt gebrachten Früchten böser Lust und wilder Sinnengier, die ein Rausch des Augenblicks von dem Lebensbaume abschüttelte, und zwischen jenen Kindern hoher und reiner Liebe, gegen deren gesetzliche Einigung gebieterische Verhältnisse unübersteigliche Schranken zogen. Oft verjüngten sich durch solche Sprößlinge uralte bedeutende Geschlechter, und die Welt hat deß kein Arg. Du hörtest gestern aus meinem Munde ein Beispiel; ich könnte dir deren viele sagen. War es gut oder nicht gut, daß der letzte Graf zu Oldenburg und Delmenhorst, da seine Gemahlin ihm keine Kinder schenkte, den Sohn eines geliebten ihm nicht ebenbürtigen Weibes in die Rechte des alten Stammes einsetzte? Ohne diesen Sohn der Elisabeth von Ungnad, Herrin zu Sonneck – wären wir alle nicht. Möge Gottes Gnade trotz dieser Abstammung von einer Ungnad mit uns allen sein! Meine Großmutter, die Abkömmlingin von Königen, wurde Anton’s des Ersten zweite Gemahlin; die erste, eine Gräfin von Wittgenstein, schenkte ihm nur Töchter; meine Großmutter wurde die Fortpflanzerin des Stammes, von dem auch du ein Zweig bist. – König Alphons der Weise in Aragonien und Sicilien zeugte, da seine Gemahlin Maria, Tochter König Heinrich des Dritten in Castilien, ihn nicht mit Kindern beglückte, drei Kinder außer der Ehe. Seinem erstgeborenen und einzigen Sohne Ferdinand dem Ersten, dem Papst Eugen der Vierte selbst die Rechte gesetzlicher Geburt verlieh, hinterließ sein Vater das Königreich Neapel, der zweite Sohn Friedrich ward vertrieben und kam nach Frankreich, wo er starb. Dieser Letztere wurde der Großvater der Erbtochter des Hauses de la Val, Anna, deren Gemahl Franz de la Tremouille, Prinz von Talmont, wurde. Beider ältester Sohn, Ludwig, wie du geheißen, war der erste Herzog von Thouars, er war mein Urgroßvater, und unser Haus wurde auf das Engste verwandt und verschwägert mit allen den hohen, alten, angesehenen Familien derer von Bouillon, von Orleans, von Montmorency, der de la Tour d’Aubergne, der Taleyrand und anderer in Frankreich, der Sforza in Mailand, der Landgrafen zu Hessen, durch meine Urgroßmutter, und der Herzoge zu Sachsen, denn meine Urgroßtante Maria wurde die Gemahlin des Herzogs Bernhard zu Sachsen-Jena, eine Linie, die leider früh erlosch. Aus diesen Beispielen magst du entnehmen, daß eine in Dunkel gehüllte Abstammung, die vielleicht einst noch in Licht und Glanz zu Tage treten dürfte, je nachdem des Glückes und der Zeiten Gunst oder Ungunst waltet, noch lange kein Schimpf und kein Makel ist, mindestens nicht in den Augen der Einsichtvollen und Vernünftigen, denn überhaupt erinnert das an das alte Sprichwort: »es ist ein wunderkluges Kind, das seinen Vater kennt.«

Правообладателям