Читать книгу Soziale Arbeit und Polizei. Zwischen Konflikt und Kooperation онлайн
9 страница из 87
Die Emanzipation des Bürgertums gegenüber dem absolutistisch-monarchischen Staat zeigte sich auf dem Feld der Polizei/Polizey durch die allmähliche Trennung der allgemeinen Verwaltung von jenen spezifischen, auf Sicherheit, Ordnung und Kriminalität gerichteten Tätigkeiten. Durch diese Trennung entstand die moderne Polizei. Sie ist die Institution, die das »staatliche Gewaltmonopol« – also den Anspruch des modernen Staates, dass nur in seinem Namen physische Gewalt angewendet werden darf – im Innern umsetzt.
Für Preußen-Deutschland lässt sich dieser Prozess an zwei markanten Daten aufzeigen. Als ein Dokument des aufgeklärten Absolutismus wurde im Jahr 1794 das »Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten« erlassen. Es bestimmte in § 10 Titel 17 des zweiten Teils:
»Die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen, Sicherheit, und Ordnung, und zur Abwendung der dem Publico, oder einzelnen Mitgliedern desselben, bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt der Polizey.«
Obwohl hier die Elemente des modernen Polizeibegriffs bereits enthalten sind (Sicherheit, Ordnung, Gefahren), bedurfte es der Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts, um auch die Verwaltungspraxis entsprechend zu begrenzen. Im »Kreuzbergurteil« von 1882 ging es um eine Verordnung des Berliner Polizeipräsidiums, durch die die Bebauung am Fuße des Kreuzbergs beschränkt werden sollte, um die Sicht auf das auf dem Berg errichtete Denkmal für die Befreiungskriege nicht zu beeinträchtigen. Das Gericht erklärte die Verordnung für unwirksam, weil die Polizei für die Gefahrenabwehr zuständig sei und nicht für die Sicherung von Sichtachsen. Das war historisch der Durchbruch des modernen Polizeibegriffs, weil er die Zuständigkeiten der Institution Polizei deutlich begrenzte. So wie die Polizei in der bürgerlichen Gesellschaft nicht bestimmt, wie gebaut wird, so bestimmt sie auch nicht, wie sich die Menschen kleiden, wo sie sich aufhalten, wie sie sich verhalten etc. – es sei denn, sie verletzten die geltenden Regeln, wodurch sie die »öffentliche Sicherheit« gefährden (s. Bodt/Stolleis 2012, S. 6–12).