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Siebentes Kapitel

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Stand ein Mädchen an dem Fenster,

Da es draußen Morgen war,

Kämmte sich die langen Haare,

Wusch sich ihre Äuglein klar.

Sangen Vöglein aller Arten,

Sonnenschein spielt' vor dem Haus,

Draußen übern schönen Garten

Flogen Wolken weit hinaus.

Und sie dehnt' sich in den Morgen

Als ob sie noch schläfrig sei,

Ach, sie war so voller Sorgen,

Flocht ihr Haar und sang dabei:

›Wie ein Vöglein hell und reine,

Ziehet draußen muntre Lieb,

Lockt hinaus zum Sonnenscheine,

Ach, wer da zu Hause blieb‹!

Die Morgensonne traf unsere Reisenden schon wieder draußen zu Pferde, und das Dorf, wo sie übernachtet, lag dampfend hinter ihnen. Leontin hatte bereits im Wirtshause erfahren, daß das schöne Fräulein die Tochter eines in der Nähe reich begüterten Edelmannes sei, welcher, wie er sich sehr wohl erinnerte, mit seinem Vater in ganz besonders freundschaftlichen Verhältnissen gestanden hatte. Es wurde daher beschlossen, bei ihm einzusprechen.

Gegen Abend erblickten sie das Schloß des Herrn v. A., das aus einem freundlichreichen Chaos von Gärten und hohen Bäumen friedlich hervorragte. Sie ritten langsam zwischen hohen Kornfeldern hin. Die Sonne, die sich eben zum Untergange neigte, warf ihre Strahlen schief über die Fläche und spielte lustig in den nickenden Ähren. Ein fröhliches Singen und Wirren verschiedener Stimmen lenkte bald die Augen der beiden Reiter von der ruhigen Landschaft vor ihnen ab, und sie erblickten seitwärts in einiger Entfernung vom Wege ein weites Feld, wo man soeben mit der Ernte begriffen war. Eine lange Reihe von Arbeitern wimmelte lustig durcheinander, der laute Ruf der Merker erschallte von Zeit zu Zeit dazwischen, und schwerbeladene Wagen zogen langsam und knarrend dem Dorfe zu. Im Hintergrunde dieses Gewimmels sah man eine bunte Gruppe von vornehmeren Personen gelagert, die den Arbeitern zusahen und unter denen Leontin sogleich das schöne Fräulein wiedererkannte. Mitten unter ihnen ragte eine höchst seltsame Figur hervor. Ein hagerer Mensch nämlich in einem langen, weißen Mantel saß auf einem hochbeinigten Schimmel, der den Kopf fast auf die Erde hängen ließ. Von dieser seiner Rosinante teilte die abenteuerliche Gestalt im Tone einer Predigt Befehle an die Bauern aus, worauf jedesmal ein lautes Gelächter erfolgte.

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