Читать книгу Kunst des Lebens, Kunst des Sterbens. Wie wir den Traum von Ich und Welt mit Achtsamkeit, Mitempfinden und offenem Gewahrsein meistern und befreiende Luzidität erlangen können онлайн

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Je mehr wir an Formen und am Körper haften und uns mit diesen identifizieren, umso mehr fliehen und verabscheuen wir deren Auflösung, als ob es unsere eigene wäre. Dasselbe gilt auch für das Selbstbild und für alles, was unser Bewusstsein als Bleibendes fixiert und »verbegrifflicht«.

Unsere Anhaftungen trüben unseren Blick und verhindern die unmittelbare Schau des Gegebenen, und deshalb definierte Sokrates, genauso wie christliche, buddhistische, hinduistische und taoistische Meister, das philosophische Leben, das Leben eines Menschen, der die Wahrheit liebt und ihr gemäß leben möchte als ein ständiges Sterben, ein ständiges Loslassen, das ihn schließlich von aller Bindung und Beschränkung des Körpers und des Geistes befreien wird, wenn er in einem Vergessen alles Geschaffenen sich selbst schließlich ganz der göttliche Weisheit überlässt.

Sokrates antwortete der unfassbaren Natur der Wirklichkeit entsprechend, indem er sagte: »Ich weiß, dass ich nichts weiß.«


Es ist erfreulich und ein gutes Zeichen, dass seit einiger Zeit überall auf der Welt und vor allem in den nun seit Langem von einer positivistischen und materialistischen Sichtweise in Philosophie und Wissenschaft geprägten westlichen Gesellschaften parallel zu den beschriebenen Entwicklungen aber auch eine Fülle von Büchern über Tod, Sterbebegleitung und verwandte Themen erschienen sind und erscheinen. Ein starkes ­Interesse an Spiritualität und authentischer Selbsterkenntnis ist im Menschheitsbewusstsein entstanden und findet seine Antwort in einer Fülle von Publikationen, die die Weisheitslehren der verschiedensten Traditionen zugänglich machen. Die Bandbreite reicht hier von esoterischen Privatoffenbarungen und Lebensratgebern für »Glückssucher« bis hin zu klassischen Texten der Weisheitsliteratur der Welt und höchsten Belehrungen und Schriften bis heute ungebrochener Übertragungslinien vom Meister auf den Schüler, wie wir sie vor allem im tibetischen Buddhismus finden. Dieser hat mit seiner großen Wertschätzung der schriftlichen und mündlichen Überlieferung die weltweit umfangreichste Literatur über buddhistische Psychologie, ihre Therapien und Meditationstechniken und über Thanatologie (das Wissen vom Sterben und vom Tod) bewahrt und hervorgebracht. Die darin gelehrten Anweisungen werden auch heute noch weitergegeben und präzise in der persönlichen Geistes­schulung und in der Sterbebegleitung angewendet.

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