Читать книгу Frühförderung bei schwerster Behinderung. Ein familienorientiertes Konzept für die Praxis онлайн
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Andreas
Andreas wird erstmals mit zwei Jahren im Kinderzentrum München vorgestellt. Es handelt sich um einen Jungen mit COFS-Syndrom, ein genetisch bedingtes Fehlbildungssyndrom, das mit einer schwersten Behinderung einhergeht. Andreas ist hochgradig hörbehindert. Er nimmt noch keinen Blickkontakt auf, kann sich noch nicht drehen oder fortbewegen.
In einer ersten Interaktionsbeobachtung versucht die Mutter, ihm in Rückenlage kleine Spielsachen anzubieten. Sie berührt ihn mit einer Rassel, drückt sie ihm in die Hand, schüttelt sie mit ihm gemeinsam. Er zeigt keine Aufmerksamkeitsreaktion. Daraufhin lässt sie das Spielzeug über seinen Körper wandern, tippt mit der Rassel mehrfach seinen Brustkorb an, legt sie ihm dann in die andere Hand. Er hält sie nicht fest. Sie legt sie resigniert beiseite mit dem Kommentar: »Na, dann halt nicht.«
Schnell wird deutlich, dass die Mutter bislang keinen Weg gefunden hat, ihn für die Umgebung zu interessieren oder einen Kontakt zu ihm aufzubauen. Sie hat sich ganz auf die Grundpflege zurückgezogen, versorgt ihn, so sagt sie, »wie eine Puppe«. Die Familiensituation ist sehr angespannt. Der Vater zeigt kein Interesse an seinem Sohn, der große Bruder versucht zwar immer mal wieder, Kontakt mit ihm zu finden, kann aber »mit ihm nichts anfangen«, wie er sagt. Die Mutter fühlt sich sehr allein gelassen, bleibt fast immer zu Hause. Eine Unterstützung durch die Großeltern hat sie nicht, weil diese weit entfernt wohnen.