Читать книгу Moderne Philosophiedidaktik. Basistexte онлайн

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Drittens. Das Verfahren im Bekanntwerden mit einer inhaltsvollen Philosophie ist nun kein anderes als das Lernen. Die Philosophie muß gelehrt und gelernt werden, so gut, als jede andere Wissenschaft. Der unglückselige Pruritus, zum Selbstdenken und eigenen Produciren zu erziehen, hat diese Wahrheit in Schatten gestellt; – als ob, wenn ich, was Substanz, Ursache, oder was es sey, lerne, – ich nicht selbst dächte, als ob ich diese Bestimmungen nicht selbst in meinem Denken producirte, sondern dieselben als Steine in dasselbe geworfen würden; – als ob ferner, indem ich ihre Wahrheit, die Beweise ihrer synthetischen Beziehungen, oder ihr dialektisches Uebergehen einsehe, nicht selbst diese Einsicht erhielte, nicht selbst von diesen Wahrheiten mich überzeugte, – als ob, wenn ich mit dem pythagoräischen Lehrsatz und seinem Beweise bekannt geworden bin, nicht ich selbst diesen Satz wüßte und seine Wahrheit bewiese. So sehr an und für sich das philosophische Studium Selbstthun ist, eben so sehr ist es ein Lernen; – das Lernen einer bereits vorhandenen, ausgebildeten, Wissenschaft. Diese ist ein Schatz von erworbenem, herausbereitetem, gebildetem Inhalt; dieses vorhandene Erbgut soll vom Einzelnen erworben, d. h. gelernt werden. Der Lehrer besitzt ihn; er denkt ihn vor, die Schüler denken ihn nach. Die philosophischen Scientien enthalten von ihren Gegenständen die allgemeinen wahren Gedanken; sie sind das resultirende Erzeugniß der Arbeit der denkenden Genie’s aller Zeiten; diese wahren Gedanken übertreffen das, was ein ungebildeter junger Mensch mit seinem Denken herausbringt, um eben so viel, als jene Masse von genialischer Arbeit die Bemühung eines solchen jungen Menschen übertrifft. Das originelle, eigenthümliche Vorstellen der Jugend über die wesentlichen Gegenstände ist Theils noch ganz dürftig und leer, Theils aber in seinem unendlich größern Theile Meinung, Wahn, Halbheit, Schiefheit, Unbestimmtheit. Durch das Lernen tritt an die Stelle von diesem Wähnen die Wahrheit. Wenn einmal der Kopf voll Gedanken ist, dann erst hat er die Möglichkeit selbst die Wissenschaft weiter zu bringen und eine wahrhafte Eigenthümlichkeit in ihr zu gewinnen; darum aber ist es in öffentlichen Unterrichtsanstalten, vollends in Gymnasien, nicht zu thun, sondern das philosophische Studium ist wesentlich auf diesen Gesichtspunkt zu richten, daß dadurch etwas gelernt, die Unwissenheit verjagt, der leere Kopf mit Gedanken und Gehalt erfüllt, und jene natürliche Eigenthümlichkeit des Denkens, d. h. die Zufälligkeit, Willkür, Besonderheit des Meinens vertrieben werde. […]

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