Читать книгу Ahnung und Gegenwart. Entwicklungsroman über den Kampf gegen sich selbst онлайн

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Als Friedrich und Leontin wieder nach Hause kamen, begann letzterer, der seinen gestrigen Schreck fast schon ganz wieder vergessen zu haben schien, sogleich mit vieler Lustigkeit zusammenzurufen, Befehle auszuteilen und überall Alarm zu schlagen, um, wie er sagte, das Zigeunerleben bald von allen Seiten aufzurühren. Rosa traf, wie sie es versprochen hatte, gegen Abend ein und fand auf der Wiese bei Mondenschein bereits alles in der buntesten Bewegung. Die Jäger putzten singend ihre Büchsen und Sattelzeug, andere versuchten ihre Hörner, Faber band ganze Ballen Papier zusammen, die kleine Marie sprang zwischen allen leichtfertig herum.

Alle begaben sich heute etwas früher als gewöhnlich zur Ruhe. Als Friedrich eben einschlummerte, hörte er draußen einige volle Akkorde auf der Laute anschlagen. Bald darauf vernahm er Erwins Stimme. Das Lied, das er sang, rührte ihn wunderbar, denn es war eine alte, einfache Melodie, die er in seiner Kindheit sehr oft und seitdem niemals wieder gehört hatte. Er sprang erstaunt ans Fenster, aber Erwin hatte soeben wieder aufgehört. Das Licht aus Rosas Schlafzimmer am andern Flügel des Schlosses war erloschen, der Wind drehte knarrend die Wetterfahne auf dem Turme, der Mond schien außerordentlich hell. Friedrich sah Erwin wieder, wie sonst, mit der Gitarre auf der Mauer sitzen. Bald darauf hörte er den Knaben sprechen; eine durchaus unbekannte, männliche Stimme schien ihm von Zeit zu Zeit Antwort zu geben. Friedrich verdoppelte seine Aufmerksamkeit, aber er konnte nichts verstehen, auch sah er niemand außer Erwin. Nur manchmal kam es ihm vor, als lange ein langer Arm über die Mauer herüber nach dem Knaben. Zuletzt sah er einen Schatten von dem Knaben fort längs der Mauer hinuntergehen. Der Schatten wuchs beim Mondenschein mit jedem Schritte immer höher und länger, bis er sich endlich in Riesengröße in den Wald hinein verlor. Friedrich lehnte sich ganz zum Fenster hinaus, aber er konnte nichts unterscheiden. Erwin sprach nun auch nicht mehr und die ganze Gegend war totenstill. Ein Schauer überlief ihn dabei. Sollte diese Erscheinung, dachte er, Zusammenhang haben mit Leontins Begebenheiten? Weiß vielleicht dieser Knabe um seine Geheimnisse? Ihm fiel dabei ein, daß sich sein ganzes Gesicht lebhaft verändert hatte, als Faber heute noch einmal Leontins gestrigen unbekannten Begegnisses erwähnte. Beinahe hätte er alles für einen überwachten Traum gehalten, so seltsam kam es ihm vor, und er schlief endlich mit sonderbaren und abenteuerlichen Gedanken ein.

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