Читать книгу Flamme Rouge. Nur noch 1000 Meter - Radprofis erzählen ihre Schicksalsmomente онлайн

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Einen Sturz auf nasser Straße kurz vor der Ziellinie erlebte auch Robert Förster beim Giro d’Italia 2003. Statt den bis dato größten Erfolg seiner Karriere zu feiern, bretterte der damalige Gerolsteiner-Fahrer in die Bande, kurz nachdem bereits Mario Cipollini den Abflug gemacht hatte. Das Foto, wie Förster anschließend sein Rad ins Ziel schob, wurde zum Bild des Tages.

Weniger emotional besetzt als bei Mengins tragischer Rutschpartie, aber ebenso spektakulär war ein Fauxpas von Robert Millar (heute Philippa York) bei der Tour de France 1988, kurz vor dem Ziel der Etappe nach Guzet-Neige. Im Interview erinnert sich Millar neben dem Malheur auch an den eigenen Triumph vier Jahre zuvor am gleichen Ort, als der Schotte den Grundstein für das gepunktete Trikot des Bergbesten legte – für ein Vierteljahrhundert der größte Erfolg eines britischen Fahrers bei der Tour de France.

Echte und falsche Freunde

Selbst wenn Radsport auch ein Mannschaftssport ist, stehen doch meist die Fahrer im Fokus, die als erste über die Ziellinie rollen. Daher erscheint es außergewöhnlich, wenn Fahrer am Ende den Schulterschluss üben, aus Rivalen zumindest für einige Minuten Verbündete werden – von solchen Szenen der Verbrüderung an der Flamme Rouge gibt es einige in der Radsportgeschichte. Die berühmteste Szene war bei der Tour de France 1986 in L’Alpe d’Huez zu sehen, als sich Greg LeMond und Bernard Hinault absetzten und am Ende Hand in Hand über die Ziellinie rollten. Für die vermeintliche Verbrüderung war viel Schauspieltalent vonnöten, denn die beiden Fahrer waren Teamkameraden, ohne Kameraden zu sein. Auf Geheiß ihrer Mannschaftsführung überquerten der fünfmalige Tour-Gewinner und der ungeliebte amerikanische Rivale in gespielter Eintracht die Linie. Dabei soll sich Hinault noch um einige Zentimeter nach vorne geschoben haben, was LeMond ihm offenbar noch Jahre später übel genommen hat. Auch bei der Tour de France 2001, der Etappe nach Luz Ardiden, wählten die Nummer eins und zwei des Gesamtklassements im Finale des Rennens große gemeinsame Gesten – mit dem Unterschied, dass sich Lance Armstrong und Jan Ullrich tatsächlich respektierten und bis heute freundschaftlich verbunden sind. Bevor der Deutsche und der US-Amerikaner Hand in Hand die Ziellinie passierten, hatten sie jeweils – vergeblich – versucht, den anderen Fahrer bei der Bergetappe abzuschütteln. Besonders Ullrich wurde die Geste im Nachhinein von Kritikern angekreidet. Der Vorwurf: Wie so oft bei der Tour de France habe sich der Deutsche frühzeitig in der Rundfahrt mit dem zweiten Platz abgefunden und daher nur halbherzig und vorhersehbar attackiert.


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