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Das Endspiel am 18. April wird 2 zu 2 enden, nach der Verlängerung.

Am folgenden Tag, am 19. April 1938 (womöglich war es aber auch der 20. oder 21. oder …), geschah etwas scheinbar ganz Nebensächliches, eine dieser zahllosen Alltagsbegebenheiten, die insgesamt, in ihrer Banalität, das Leben der Menschen ausmachen. Einer der vielen laut Nazi-Ästhetik entarteten Künstler, Paul Klee, nimmt eine Seite der Zeitung jenes 19. April und benutzt die Seite anstelle einer Leinwand, um ein Bild zu malen. Das Bild nennt er Alphabet i. Es wird beschrieben als Schwarze pastose Wasserfarbe auf bedrucktem Zeitungspapier.

Bei der Zeitung handelt es sich um die «National-Zeitung», die im Februar jenes Jahres, also einen Monat vor dem Anschluss, in Wien zusammen mit der «Neuen Zürcher Zeitung» beschlagnahmt worden war. Die bedruckte Seite, die Paul Klee benutzt, ist die Seite 13 (glaubte Paul Klee an die magische Kraft der Zahlen?), die Sportseite: die mit dem Bericht über den Cupfinal des Vortages. Mit gewiss blitzschneller Hand, der Hand eines himmlischen Diebes («Kein O noch I schreibt man mit solcher Schnelle»), malt Klee, da die Vorbereitung des Bildes rein mental war («meine Tragödie ist fertig, ich muss sie nur noch aufschreiben»), auf das Blatt aus der «National-Zeitung» die Buchstaben des Alphabets samt einiger Hieroglyphen, die wie Masken anmuten: Zeichen einer Sprache, «die man nicht mehr kennt»? Der Gesang der Vögel, der Flug der Schwalben, die Sprache der Zigeunerinnen?

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