Читать книгу Die Stimme des Atems. Wörterbuch einer Kindheit онлайн

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Aas

Sonntag. Wir spielen mit Cousins und Cousinen, die zu Besuch sind, vielleicht auch mit den Kindern W. aus dem Nachbarhaus, wo es immer nach abgestandenem Sauerkraut riecht. Auf dem Grasstück zwischen dem Garten von Dr. Ginella und dem Hof des Bauern Aeschbach hat jemand einen Gegenstand versteckt. Nahe dem Zaun wuchert hohes Unkraut, Gebüsch dunkelt. Ich bin am Suchen und habe plötzlich unter den Händen, die das Gras teilen, so nah, dass ich fast hineingegrapscht hätte, eine rötlichgräuliche, fliessende Fleischmasse, eine aufgeplatzte Ratte. Das Gedärm quillt schlabbrig hervor, und darin ringeln sich mästende Würmer über- und durcheinander. Ich zucke zurück, Grausen verschlägt mir die Stimme, der Magen dreht sich, doch kann ich mich nicht übergeben. Ich renne weg, weit weg von diesem Kothaufen des Bösen, durchs Gartentor in den umzäunten, geschützten Bereich des Doktorhauses.

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Alarmsirene und Schlachthaus

Sie gleicht einem Storchennest und tanzt auf knickigem Stelzbein zuoberst auf dem Giebel des Schlachthauses, des grössten und höchsten Baus in der Ringmauer der Unterstadt. Sie zieht den Krieg auf sich, alle Zerstörung und Angst. Wenn sie zu heulen beginnt, an- und abschwellend, streut sie das Böse in die vier Winde und lässt das Entsetzen über mir zusammenschlagen. Auf dem dünnen Stahlrohr drehe sich, erklärt man mir, nur ein Metallteller, der von einem zweiten Teller bedeckt werde. Doch da ich die Sirene ebenso fürchte wie hasse, wage ich es nicht, sie genau anzusehen. Sie steht und droht abseits. Abgestellt im Augenwinkel, rächt sie sich fürs vorsätzliche Vorbeischauen, indem sie uns nächtens in den Keller des Doktorhauses an der Grabenstrasse scheucht, denn Bahnhof und Fabriken wären das Hauptziel eines Bombenangriffs, und wir wohnen mittendrin.

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