Читать книгу Die Unbeirrbare. Wie Gertrud Heinzelmann den Papst und die Schweiz das Fürchten lehrte онлайн

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Zweierlei wünscht sich Gertrud Heinzelmann zum bevorstehenden Abschluss am Mädchengymnasium der Stadt Zürich. Von ihren Eltern will sie einen Eispickel und dazu bar auf die Hand vier Schweizer Franken, die sie selbst auf das Konto des Zürcher Frauenstimmrechtsvereins einzahlen will.

Zu Hause erregen die Wünsche keinen Widerstand, denn Mutter Bertha ist für das Frauenstimmrecht, und Vater Hans, als Kaufmann zwischen Oslo und Kairo unterwegs, beunruhigt es nicht, dass seine Tochter zu den Suffragetten will, wie die Stimmrechtlerinnen abschätzig genannt werden, und er stört sich ebenso wenig daran, dass sie zu den Alpinistinnen drängt. Diese gelten als Mannweiber, und die Bergsteiger verweigern ihnen missgünstig die Aufnahme in ihren Club, weil Klettern das beliebte Vergnügen von Städterinnen ist, denen Freiheit und Leistung mehr bedeuten als eine gute Partie.

Im Gegensatz zu diesen beiden Neigungen stößt im Elternhaus von römisch-katholischer Konfession eine andere Veranlagung der Tochter auf Ablehnung. Dieser Wesenszug wird von keinem Familienmitglied geteilt, auch nicht in der weiteren Verwandtschaft. Er trägt Gertrud Heinzelmann den Übernamen «Betblätz» ein, eine Bezeichnung für einen Stofflappen, den eifrige Kirchgänger zum Beten unter die Knie schieben, um Schmerzen zu vermeiden. Dieser Spottname bedeutet, dass da eine entgegen der liberalen Familientradition allzu fromm niederkniet. Religiöse Handlungen und Heiliges üben auf die Gymnasiastin einen starken Zauber aus; ihr Verhältnis zur katholischen Kirche ist jedoch zwiespältig.

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