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Heute kann man festellen, dass der Erstling auch nach 48 Jahren von seiner ursprünglichen Faszination und Frische nichts verloren hat. Die Chronik der beiden Monate im Schneegefängnis wird vom Ich-Erzähler polyphon erzählt; er kennt seine Dorfgenossen, vor allem die jungen Mädchen und Burschen, so gut, dass er sie in Gesprächen und Begegnungen auf der Straße, in der Kirche, in Stall, Küche und Wirtsstube auftreten lässt, ihnen zuhört, ihre lebendige Gegenwart in einem Netz von Beziehungen, Begegnungen und Empfindungen festhält. Konkret und präzis wird die Bedrohung durch den unaufhörlichen Schneefall geschildert: Die Wahrnehmung bleibt durchwegs auf den alltäglichen Erfahrungsbereich bezogen. Kein Wort fällt über die Landschaft: Nur der hohe Berg wird erwähnt, von dem die Lawine droht, und der Wald, der das Dorf vor der Lawine schützen soll. Den Schnee beobachtet man auf der Straße, auf den Fensterbrettern und auf dem Rücken der Kühe, die von der Tränke kommen. Giovanni Orelli kennt die Magie des Genaunehmens: Der lautlose Schneefall, der alle Konturen verändert und das Dorf langsam unter einer weißen Decke verschwinden lässt, erzeugt untergründige Spannung. Fast unmerklich wächst aus dem Vertrauten das Unheimliche. Die Familien rücken in den Häusern des Dorfkerns zusammen, die immer tiefer hinter Schneemauern versinken. Die Firstbalken biegen sich unter der Last, und der Gedanke an den Tod lässt manche Dorfbewohner nachts keinen Schlaf mehr finden. Gleichzeitig wächst aber auch die Lust am Leben, der Hunger nach Liebe, man bleibt länger auf, in der Osteria wird mehr Wein getrunken und die jungen Leute nutzen, trotz strenger Mütter und Priester, ihre Zeit für Liebesbegegnungen. Die tödliche Umklammerung durch den Schnee weckt Zweifel, Auflehnung und die Sehnsucht nach einem größeren Horizont.

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