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BARBARA LUTZ
RUSSISCHE
FREUNDE
Roman
1
Nein. Nicht das. Nicht jetzt noch das.
Ich hatte den Hausschlüssel verloren. Es war kurz nach fünf Uhr in der Früh, die Dämmerung noch weit. Ich stand vor dem Wohnblock und starrte zu meinen Fenstern hoch. Nach elf Stunden Arbeit im Obdachlosenheim, nach Stunden, in denen ich im stickigen Büro angespannt betrunkenem Lallen zugehört und auf Schnarchen aus dem Schlafsaal gehofft hatte. Ich fühlte mich so dreckig, als hätte ich die Nacht unter einer Brücke zugebracht. Krätze, Flöhe, Läuse, Alkoholfahnen, alle Trostlosigkeit klebte an mir.
Ich ging um das Haus herum nach hinten, in unseren verwahrlosten, überwachsenen Garten. Ich wollte in meine Wohnung. Jetzt. Sofort. Der Fassade entlang sah ich nach oben zu meinem Balkon im ersten Stock.
Ich schob den Gartentisch an die Hauswand und schichtete eine Holzkiste und zwei morsche Harasse übereinander. Die Balkontür würde dran glauben müssen, aber sie schloss schon lange schlecht, und es war mir egal.
Der erste Versuch scheiterte. Die Regenrinne war stabil, doch fehlte mir die Kraft, um mich bis zum Balkon hochzuziehen. Der Kletterturm war nicht hoch genug. In einem Nachbargarten fand ich einen weissen Plastiksessel und einen Kübel. Das war frech, ich kannte diese Leute nicht, wusste bloss, dass sie ihren Gartensitzplatz täglich wischten und die dürren Blätter aus den Geranien zupften. Ich blieb stehen und horchte in die Stille. Noch schien alles zu schlafen, nur vorne auf der Hauptstrasse fuhr ein Auto.