Читать книгу Zwei Minuten Ewigkeit онлайн

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So war das also! Man hatte mich zum Junkie gemacht, weil man gedacht hatte, der kratzt sowieso ab, erleichtern wir ihm die letzten Tage und dröhnen ihn mit Drogen zu. Ich tobte, ich schrie, was meine zerfledderten Stimmbänder hergaben, ich verdammte innerlich die ganze verlogene, weiss gekleidete Bande und wand mich wie ein Wurm vor Entzugsschmerzen. Ohne die Spritzen wollte und konnte ich nicht weiterleben. Sie waren die einzigen Lichtblicke in meinem armseligen Dasein. Jetzt hatte man mir auch dieses letzte Glück noch genommen. Ich war ein Junkie auf Turkey und ich konnte mich nicht wehren, weil ich immer noch ans Bett gefesselt war. Selbstverständlich tat ich meinem ärztlichen Team mit diesen Vorhaltungen Unrecht, aber damals war mir das egal.

Mittlerweile wog ich bei meinen hundertdreiundneunzig Zentimetern noch knappe vierzig Kilo. Essen war nicht drin, aber ich durfte ab und zu aus einer Schnabeltasse etwas dünnen Tee schlürfen.

Nach zirka einer Woche im Krankenzimmer spürte ich plötzlich einen höllischen Stich beim Atmen, als würde ein Messer zwischen meinen Rippen stecken. Ich schrieb die Symptome auf die Schreibtafel, die man mir zwecks Kommunikation bereitgestellt hatte. Nach einer kurzen Untersuchung vernahm ich die Diagnose Lungenembolie. Ich hatte keine Ahnung, was das war, aber nach dem Schmerz zu urteilen, war es kein Kinderkram. Erst später erfuhr ich, dass diese Embolie mir trotz der gesundheitlichen Fortschritte um ein Haar das Leben gekostet hätte. Mein Blut wurde nun so stark verdünnt, dass wahrscheinlich nur noch hellrotes Wasser durch meine Adern rann. Zwar nahm der Schmerz beim Atmen mit der Zeit zum Glück ab, aber die Atemzüge waren von einem röchelnden Geräusch begleitet. Da war wieder Wasser in meinen Lungen und aus diesem Anlass durfte ich eine neue Variation der Folter kennen lernen, die zum Ziel hatte, mich von dieser überflüssigen Flüssigkeit zu befreien. Sie versuchten zwar, das Instrument vor mir zu verbergen, aber es war zwecklos: Ich sah das riesige, spritzenähnliche Ding. Man stach mir die dicke, cirka 30 Zentimeter lange Nadel durch den Rücken direkt in die Lunge, um dort die Brühe abzusaugen. Zweimal täglich. Vom wochenlangen Liegen war mein Rücken wundgescheuert und jede noch so kleine Bewegung war eine Strapaze, die ich mir lange überlegte, bevor ich mich ihr aussetzte.


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