Читать книгу Handbuch der Poetik, Band 1. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Dichtkunst онлайн

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Und doch hat auch Lessing nicht allein den Begriff der Nachahmung von Aristoteles übernommen, sondern auf dem Grundsteine dieses Begriffes ruht die ganze Untersuchung seines Laokoon. Nur auf der Voraussetzung dieses Grundbegriffes hat die ganze von Aristoteles entlehnte Einteilung und Unterscheidung der Künste nach den Gegenständen der Nachahmung, nach den Mitteln, mit welchen sie erfolgt und somit nach der Art und Weise, wie sie einzurichten ist, ihren Sinn und Bestand. Ein Fehler also, eine Unklarheit in der Auffassung dieses Fundamentalbegriffes muss notwendig, wenn auch noch so versteckt, in seinen Konsequenzen sich durch alle Teile der Untersuchung bis in ihre äußersten Zweige fühlbar machen.

Nun ist freilich Lessing von der trivialen naturalistischen Fassung des Begriffes der Nachahmung so weit entfernt gewesen, dass es ihm nicht einmal in den Sinn kam sich dagegen zu verwahren; auch jene oberflächliche Erklärung des Begriffes aus dem bloßen Naturtrieb und der Freude am Wiedererkennen konnte sich mit der ihm eigenen Auffassung der Kunst und ihrer Bestimmung nimmermehr vertragen; aber — wie hat denn nun er dieses Fundamentalprinzip der "Nachahmung", der Aristotelischen Mimesis, definiert? Offenbar erschien ihm eine allgemeine Definition überflüssig und er ließ es daher zunächst bei dem herkömmlichen Sprachgebrauch des deutschen Wortes "Nachahmung" sein Bewenden haben, ohne sich a priori auf die Ermittlung des Objektes und der Art und Weise dieser Nachahmung einzulassen. Er meinte wohl, dass beides, also der spezifische Inhalt dieses Terminus für das Kunstgebiet, erst als das Resultat der Untersuchungen über die einzelnen Künste für jede derselben festgestellt werden könnte.

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