Читать книгу Fachdidaktik Englisch - Fokus Literaturvermittlung. Eine hermeneutische Analyse von Lehrwerken der gymnasialen Oberstufe онлайн

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Ein maßgeblicher Anteil der Lehrwerkkritik fand lange Zeit, institutionell betrachtet, parallel zu den universitären Fakultäten statt; sie wurde auf administrative, d.h. bildungspolitische bzw. curriculare Ebenen verschoben. Mittlerweile aber erschiene es insbesondere seitens der Fachdidaktiken geradezu fahrlässig, auf eine intensivere inhaltliche kritische Reflexion der Lehrwerke zu verzichten, da in vielen Fällen ein ministerielles „Gütesiegel“ fehlt und eben keine maximale „Verlässlichkeit“ im Hinblick auf die „fachwissenschaftliche[-] und didaktische[-] Anordnung“ der Inhalte per se gewährleistet ist (Anton 2017: 13; vgl. dazu auch die Ausführungen zum Kriterium der „Korrektheit und Aktualität der Information“ in Lehrmaterialien bei Volkmann 2010: 238). Die Qualitätskontrolle von Lehrwerken rückt somit wieder vermehrt in den Verantwortungsbereich der jeweiligen Fachdidaktik, obgleich in den seltensten Fällen alle Unterrichtsfelder eines Faches analysiert werden. Anders als ein proaktives ministerielles Zulassungsverfahren weist die akademische Lehrwerkanalyse naturgemäß stets eine zeitliche Verzögerung von etlichen Jahren zwischen dem Erscheinen der Untersuchungsgegenstände, ihrem flächendeckenden Einsatz im Unterrichtsgeschehen und der Veröffentlichung der Kritik auf: Die Vertreter:innen dieses Forschungsfeldes unterliegen einer anderen Form des Zeitdrucks als die Redaktionen in Schulbuchverlagen, die innerhalb kurzer Zeit ihre Lehrwerke den veränderlichen curricularen und amtlichen Vorgaben anpassen und zugleich marktorientiert verfahren müssen. Dies betont auch Rösler: „Der mit der Produktion einhergehende Zeitdruck und das Interesse daran, ein entwickeltes Lehrwerk auch an die Lernenden zu bringen, sind Gegenkräfte zu einer ausführlichen Erprobung“ (Rösler 2016: 473): zu nennen sind hier eine intensive interdisziplinäre (lerntheoretisch, lernpsychologisch, fachdidaktisch und fachwissenschaftlich) kompetente Betreuung durch das jeweilige Autoren- und Redaktionsteam. Es sei allerdings nicht bestritten, dass ein Lehrbuch trotz einzelner inhaltlicher Schwächen im Unterricht eine Vielzahl „an fachlichen, didaktischen und methodischen Anregungen“ liefert, die „generell den Unterricht nur verbessern“ (Sandfuchs 2010: 23), statt ihn zu behindern. So betrachtet, sind die jüngeren Forschungsansätze, die sich der kritischen Lehrwerkanalyse zuwenden, als Kontrollinstrumentarien zu begrüßen, zumal zu einer Fundamentalkritik bzw. einer in den 1990er Jahren verbreiteten Verzichtshaltung gegenüber dem Lehrwerk an sich ebenso wenig Anlass besteht (siehe aber, aus konstruktivistischer Sicht, Wolff 2001, sowie Freudenstein 2001) wie einer radikalen Ablehnung gegenüber analytischen Textaufgaben (vgl. dazu die Diskussion in Lauber 2004).

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