Читать книгу Die Stimme des Atems. Wörterbuch einer Kindheit онлайн

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Im Süden des Bahnhofs staut ein fünfgleisiger Niveauübergang mit Fussgängerunterführung den Strom der Radfahrer aus Strengelbach und Vordemwald. Den Fussgängern vorbehalten ist die Passerelle, die der elektrischen Fahrleitungen wegen in einem Kasten aus feinmaschigem Drahtgitter hängt, das weit über meine Kopfhöhe reicht. Ein Totenschädel über gekreuztem Gebein warnt. Hier erfahre ich die fröhliche Brutalität der Eisenbahn.

Ich blicke durchs Gitter über die Gleise und auf die hoch gestapelten, blaugrünlich gestriemten Stämme der Holzkonservierung. Von Norden nähert sich das Höhöhö eines schweren Güterzugs in DampfDoppeltraktion, und einen Moment lang möchte ichʼs zum Stillstand bringen, das Dröhnen jagt die Angst vor sich her. Die vordere Lokomotive pustet aus dem Schatten des äusseren Bahnsteigdachs, die Passerelle beginnt zu vibrieren, die Angst schlägt um in ausgelassene Begeisterung. Die Maschinen donnern unter der Passerelle durch, zischender Dampf nimmt mir die Sicht und beinahe den Atem. Allmählich lichtet sich der wild wallende, vom Luftzug herumgewirbelte Nebel über einem schweren Rumpeln und Pumpeln wie im Bauch des Wolfs. Güterwagen, plump und machtvoll, rollen folgsam unter mir durch, in allen Farben von Rauch, Russ und Rost, Dach um Dach. Der Schwanz des Zugs wird vorbeigezogen, die auf- und abblakende rote Zugsschlusslaterne entfernt sich, die Luft ist wieder klar. Blaugrünlich der Stammstapel der Holzkonservierung.

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