Читать книгу Die Stimme des Atems. Wörterbuch einer Kindheit онлайн

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Schüsse

Sommer im Garten, wir spielen, ich stürme mit einem langen wippenden Grasschwanz, den ich hinten in die kurzen Hosen gestopft habe, über eine Trockenmauer, wiehernd, ein Streitross. Da explodiert der Frieden; nicht weit vom Haus knattern mehrere Schüsse. Der Schreck wirft mich beinahe um: Der Krieg ist ausgebrochen! Schreiend renne ich zur Mutter und stecke den Kopf in ihren Schoss.

Es braucht etliche Erklärungen und Ääli, bis ich glaube, dass dies nicht Krieg, sondern die Schiessanlage hinter der Reithalle ist, von der ich noch nichts gewusst habe. Mit Mühe lerne ich in den folgenden Monaten, den Fluchtimpuls zu unterdrücken, wenn samstags die Schiesserei wieder losgeht. Seither lässt mich jedes Schrillen und Knallen zusammenzucken, und die Leidenschaft vieler Männer für die Kugel kann ich nicht teilen. Ich habe nie Schiesszeug für Grosse besessen.

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Krieg

Vater, Mutter, Besucher, Tante Rosa, Tante Sängerin, die Nachbarn, die Waschfrau, der Metzger, die Ladeninhaberin, alle reden vom Krieg. Seit ich mich erinnern kann, ist Krieg, offenbar der Normalzustand der Welt, obwohl jedermann darob unglücklich ist, denn dieser Krieg ist der scheusslichste und grausamste aller Kriege. Kein Tag ohne Hiobsbotschaften und Alarmsirenen, obwohl der Krieg einen Bogen um uns herum macht. Und zuweilen versteckte Zufriedenheit: Wer Wind sät, wird Sturm ernten.

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