Читать книгу Wenn Sie kein Feigling sind, Herr Pfarrer. Werner Kriesi hilft sterben онлайн
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Sie spricht über ihre große Angst. Vor dem Sterben und vor allem, dass sie auf diese Weise, mithilfe eines Sterbemittels, sterben wolle. Sie verstehe ihr Schicksal nicht. Sie sei doch immer gut gewesen zu den Menschen, warum müsse die furchtbare Krankheit gerade sie treffen? Daher will sie auch vermeiden, dass jemand aus ihrer Verwandtschaft von ihrem Freitod erfährt. Das würde in Kroatien niemand verstehen. Die seien nicht nur konservativ katholisch, sondern auch abergläubisch. «Eine alte Frau aus der Verwandtschaft erzählt, ich sei verhext worden. Nur so sei die Krankheit zu erklären.» Diese hätte sogar schon einen Priester organisiert, der zur Teufelsaustreibung in die Schweiz reisen wollte. Andelka lehnte energisch ab.
Als ich sie frage, ob sie mit einem katholischen Priester aus der Schweiz sprechen möchte, verneint sie. Ich schließe daraus, dass sie und ihr Mann sich bereits von ihrem Kindheitsglauben distanziert haben, in ihren tieferen Gefühlen aber noch an die Glaubensüberlieferungen ihrer Herkunft gebunden sind. Ich versuche der jungen Frau die Gewissheit zu vermitteln, dass sie ein gutes Leben geführt habe, eine sehr gute Mutter und allseits geschätzte Frau sei und ihre Krankheit mit einer göttlichen Strafe nichts zu tun habe. Ich bestärke sie in ihrer Einsicht, dass Fegefeuer und ewige göttliche Verdammnis ein Relikt des geistigen Terrors der mittelalterlichen Kirche sind.