Читать книгу Daskind - Brandzauber - Angeklagt. Romantrilogie онлайн
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Dann wieder Stille. So viel Kraft ist nicht im Kind, um all das Klagen, das Entbehren, das Nichtverstehen mit einer schützenden Haut aus Hass zu überziehen. Gehen die Schreie des Kindes in ein Wimmern über, in ein Katzengewimmer, das nicht mehr aufhören will. Sein Körper möchte sich teilen, auseinanderbrechen, den Zorn freigeben, diesen Klotz in der Mitte, an dem es erstickt. Doch es bricht nicht auseinander, noch nicht, im Gegenteil, der hässliche Klotz wird schwerer und schwerer, auch wenn sich Daskind kaum weiterschleppen kann unter seinem Gewicht. Der unsichtbare Buckel des Kindes, das kein Kind sein darf. Das nur eine Traumstunde lang den Drachen ritt.
Kindern, die nachts weinen und schreien, legen die Mütter in der Harch den «Schlaf» unters Kissen. Sie finden den Auswuchs der Rosengallwespe in den Hundsrosensträuchern. Soll der «Schlaf» seine Kraft behalten, darf er nicht berührt oder übers Wasser getragen werden. Wenn das Mondlicht in die Kinderstube fällt oder das Hemd des Kindes dem Mondlicht ausgesetzt ist, dann ist das Nachtweinen, so nennen sie es, unvermeidlich. Oder wenn sie beim Eintreten zuerst das Kind betrachten statt andere Dinge. Wenn der «Schlaf» seine Kraft verliert, gibt man den Nachtweinenden Bockshornsaft, oder man legt ihnen betäubenden Nachtschatten, wilden Hopfen und Spreu aus dem Schweinestall in die kleinen Betten. Einige beräuchern das Kind mit brennendem Zaunmoos, oder sie geben ihnen getrockneten Hühnerkot in die Milch. Das Moos vom Dach eines Kuhstalles dient zum Beräuchern nachtweinender Mädchen, das Moos vom Dach eines Ochsenstalles zum Beräuchern der Knaben. Oder man trägt die nachtweinenden Kinder in den Stall und legt sie auf das noch warme Lager eines Tieres. Wenn ein Kind das Nachtweinen hat, so soll die Mutter abends beim Gebetsläuten Hafer in ihre Schürze geben, darüber das Kind halten und dreimal sprechen: «Du Nachtmutter, gib deinem Ross ein Futter, dass dein Kind schreit und meines schweigt.» Drei Steinchen, während des Läutens unter der Dachtraufe aufgehoben und – ohne sich umzusehen – unter das Kissen des Kindchens gelegt, sollen auch helfen. Manche Mütter legen das weinende Kind auf ein Fell über der Türschwelle, schreiten dreimal darüber und sprechen dabei die Worte: «Welche dich geboren, die hat dich auch befreit.» Damit der Bann hilft, dürfen aber die Mütter nach Sonnenuntergang nichts mehr ausleihen. Wenn sie es nicht vermeiden können, muss es sich der Leihende gefallen lassen, dass ihm ein Stück von seinem Hemd abgerissen und dem Kind unter die Matratze gelegt wird. Manche Frauen waschen sich bei Sonnenaufgang die Brüste mit Weihwasser und lassen die Kinder nachts an den geweihten Brüsten einschlafen.