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Usama Al Shahmani
In der Fremde sprechen die Bäume arabisch
Roman
Limmat Verlag
Zürich
Der Baum der Liebe
Zum ersten Mal hörte ich das Wort «Wandern» im Jahr 2002. Es war im Mai, kurz nach meinem ersten Geburtstag in der Schweiz, als ich Frau Wunderlin kennenlernte, die Tante meines Mitbewohners Bilal im Asylantenheim. Sie kam vorbei, um ihren Neffen zu besuchen, einen jungen Iraker, der Ende 2001 – sechs Monate vor mir – in die Schweiz gekommen war. Die Frau, Mitte fünfzig, glich den Schweizerinnen, sie war schlank, zurückhaltend geschminkt, schlicht gekleidet, fähig, die Sachen, die sie liebte, als bedeutsam und reizvoll darzustellen. Sie war aber durch und durch Irakerin mit ihrer verborgenen Traurigkeit in den schwarzen Augen, wenn sie über ihre verschwommenen Erinnerungen und ihre verlorene Kindheit zwischen Bagdad und Qurna, der kleinen Stadt im Südirak, sprach. «Ich bin dort geboren, wo sich Euphrat und Tigris treffen, um sich ewig zu verbinden», sagte sie stolz. Auch ihre irakische Sprache hatte sich in den vier Jahrzehnten, die sie weit weg von ihrer Heimat verbrachte, hörbar verändert. Sie hatte ihre alte Heimat nie mehr besucht.