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Der «Schweizerspiegel» erscheint etwa zur selben Zeit wie der Film «Füsilier Wipf», wo die Armee ähnlich verharmlost und politisch neutralisiert wird wie bei Inglin; und Robert Faesi, der die Romanvorlage für den «Füsilier Wipf» verfasst hat, verwendet sich, zusammen mit Carl Helbling, der eine untertänige Wille-Biographie geschrieben hat, für die Verleihung des Grossen Schillerpreises an Meinrad Inglin. Den kriegt er 1948.

Wie hartnäckig Inglin an der Realität vorbeigeblinzelt hat, wie wenig er vom zürcherischen Grossbürgertum und den Machtstrukturen gesehen hat, obwohl er fast mit der Nase darauf gestossen wurde, wie harmlos die (angeblich das Establishment symbolisierende) Fam. Ammann im Vergleich zu den wirklichen Machthabern war, wird erst deutlich, wenn man bei Beatrice von Matt lesen kann, dass diverse real existierende Personen das Vorbild abgegeben haben für einige Romanfiguren. Es kommt da z.B. ein Instruktionsoffizier Waser vor, im Buch ein straffer, begeisternder, höchst sportlicher Mensch, natürlich ohne Klassenzugehörigkeit, freischwebend, der die Aspiranten wunderbar motivieren kann; völlig unpolitisch, nur für die Liebe zum Vaterland schwärmend. Dieser Waser ist ein Konterfei von Oberst Fritz Rieter, der tatsächlich Inglins Klassenlehrer in der Offiziersschule gewesen war. Der Leser hat keine Ahnung, wo dieser Waser-Rieter wohnt, sein Privatleben findet nicht statt; vielleicht wusste Inglin selbst auch nicht, dass die Villa Wesendonck samt Park, ungefähr die herrschaftlichste Residenz des damaligen Zürich, der überaus begüterten Familie Rieter gehörte (verglichen mit der Villa Wesendonck-Rieter ist die Villa Ammann eine Notwohnung). Rieter wirkte ausserdem als rechtsextremer Agitator. Vermutlich war Inglin in diesen Kreisen nie zum Tee geladen, durfte von dort herab nur Befehle entgegennehmen (dienstlicher Verkehr). Man musste aber schon blind sein oder dann die Realität bewusst verdrängen, wenn man nicht sehen wollte, welch gefährliche Agitation vom deutschtümelnden Fritz Rieter, der später Herausgeber der nazifreundlichen «Schweizer Monatshefte» geworden ist, schon 1914–18 entfaltet wurde.

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