Читать книгу Im Fallen lernt die Feder fliegen. Roman онлайн
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«Ich kann dich gut verstehen, bin aber nicht der Meinung, dass eure Liebe daran scheitern soll», sagte Katrin.
«Weißt du, Aida, ich glaube, der Mensch muss jede Gelegenheit, die sich ihm bietet, nutzen, um besser leben zu können. Besser heißt nicht unbedingt immer glücklich. Ich habe viel Schlimmes im Irak erlebt. Ich konnte vor dem Krieg fliehen, aber er will nicht von mir ablassen. Ich spüre ihn manchmal und sehe sein Gesicht. Ein Gesicht mit vielen Augen, die mich durchdringend anstarren. Immer, wenn ein Auge einschläft, wacht ein anderes auf. Mit der Zeit habe ich mir beigebracht, den Blicken auszuweichen. Zeichnen hat mir sehr geholfen, du wirst es mir nicht glauben, es hat vieles in mir rhythmisiert, und ich weiß jetzt auch, wie ich mit dem größten Trauma in meinem Leben, dem Krieg und der Flucht und dem Leben in der Fremde, umgehen kann.»
Ich erwiderte nichts und versank in meinen Gedanken. Wieso scheiterte ich immer wieder, meinen Eltern ganz zu verzeihen? Mir war einiges klar, aber warum sie in die Schweiz flüchteten, obwohl sie kein Interesse an diesem Land hatten, verstand ich nicht. Ich fand immer neue Antworten, aber die Frage blieb. Als blickte ich bei Regen durch eine Windschutzscheibe. Die Scheibenwischer klären kurz die Sicht, doch das Wetter ändert sich trotzdem nicht. Ich war zufrieden mit dem, was ich in der Schweiz erreicht hatte. Ich schätzte die Freiheit und das Leben und mochte meine Arbeit. Das Vakuum, das Nosches Tod in mir verursacht hatte, konnte ich mit Hoffnung füllen.