Читать книгу Anna Göldi - geliebt, verteufelt, enthauptet. Der letzte Hexenprozess und die Entdämonisierung der Frau онлайн

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Seit der Erstausgabe vor bald 15 Jahren konnte ich neue Er­­kenntnisse gewinnen. Dazu trugen auch die unzäh­ligen spannenden Begegnungen und Diskussionen im 2017 eröff­neten Anna Göldi Museum in Glarus bei. Weil ich den Fall heute mit anderen Augen sehe als im Jahr 2007, habe ich den gesamten Text umgeschrieben, setze andere thematische Schwerpunkte und ziehe daraus neue Schlussfolgerungen.

Im vorliegenden Anna-Göldi-Buch spielt der damals be­­rühm­­te Churer Priester und Teufelsaustreiber Johann Joseph Gassner eine wichtige Rolle. Für ihn waren unfassbare Krank­heitsbilder, wie sie etwa beim angeblich nadelspeien­den Kind beschrieben wurden, typische Phänomene von Teufelsbe­sessenheit. Die von ihm entfachte Satans-Hysterie befeuerte die drei mutmasslich letzten Hexenprozesse: 1775 im süddeutschen Kempten, 1779 im bündnerischen Tinizong und 1782 in Glarus. Zwischen diesen drei Prozessen gibt es deutliche Unterschiede, aber auch interessante Gemeinsamkeiten.

Mehr als nur ein Nebenaspekt: Der Anna-Göldi-Hexenprozess wurde zu einem der allerersten grossen Whistleblowing-Fälle in Europa. Die öffentliche Debatte, welche die Publikation geheimer Prozessdokumente entfachte, hatte eine heilsame Wirkung. Sie ebnete den Weg zu einer vom Dä­­­monenglauben befreiten Strafjustiz und besiegelte das Ende der Hexenverfolgung, die in erster Linie eine Frauenver­fol­gung war. Was heute fast schon vergessen ist: Während Jahrhunderten wurden Frauen im christlichen Europa als «Maleficae» kriminalisiert und dämonisiert, als Übeltäterinnen und natürliche Verbündete des Teufels.

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