Читать книгу Anna Göldi - geliebt, verteufelt, enthauptet. Der letzte Hexenprozess und die Entdämonisierung der Frau онлайн

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Religiös begründete Gewalt gegen Frauen bringen wir häufig mit dem finsteren Aberglauben im Mittelalter oder mit islamistisch diktierten Ländern in Verbindung. Tatsache ist aber: Die Verfolgung, Folterung und Tötung von «Hexen» war auch während der Neuzeit schreckliche Realität – mitten im christlichen Europa.

Dreihundert Jahre lang tobte der Hexenwahn sowohl in katholischen als auch in protestantischen Gebieten und forderte zehntausende Opfer. Unschuldige Menschen wurden von zumeist weltlichen Gerichten mit dem Segen der Kirche gefoltert und mit dem Feuertod bestraft. Es war eine der grössten von Menschen verursachten Katastrophen im christlichen Abendland.

Zwar hatten Hexenprozesse schon früher stattgefunden, der Beginn der systematischen Verfolgung lässt sich aber auf die Zeit nach 1486 datieren, als der sogenannte Hexenhammer publiziert wurde, ein besonders fatales Machwerk. Das Buch mit dem eigentlichen Titel Malleus maleficarum war die ideologische Legitimation für den Hexenwahn, es wurde vom Elsässer Domi­ni­kanerpater Heinrich Kramer verfasst. Der Mann, der sich Henricus Institoris nannte, wurde um 1430 geboren und starb 1505. Seinem Werk prominent vorange­stellt war die Hexenbulle von Papst Innozenz VIII., der Kramer zum Inquisitor für Oberdeutschland ernannt hatte. Zu dieser Region wurde damals auch die heutige Deutschschweiz gezählt.