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Für die Rezeption seines Œuvres kam erschwerend hinzu, dass Sitte die meisten seiner Bilder aus den 1950er Jahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit malte und viele davon erst 10 bis 20 Jahre später ausstellte, u. a. in der Retrospektive der Staatlichen Kunsthalle Berlin 1982. War bis in die 1980er Jahre in der DDR der sozialistische Sitte zu sehen mit Bildern überwiegend erst ab 1960, zeigten beispielsweise Ausstellungen wie Sitte vor Sitte 2011 in der Sammlung Hurrle, Durbach,1 2018 in der Kunsthalle Rostock2 und seit 2006 immer wieder in der Willi-Sitte-Galerie in Merseburg wiederum nur einen anderen Teilaspekt, den aus der Nachwende-Perspektive „unbekannten“ Sitte, der keine Rückschlüsse auf seine weitere Entwicklung erlaubte. So konnte ein Gesamtbild von Sittes künstlerischer Welt bisher nicht sichtbar werden.

Der Sozialistische Realismus und die Frage: Wie sollen wir malen?

Eine Schlüsselszene im Sommer 1953 in Leipzig beleuchtet schlaglichtartig Sittes Dilemma, seine ständige Suche nach einer Antwort auf die Frage: „Wie sollen wir malen?“ Der Volksaufstand am 17. Juni 1953, der, trotz der schnell ausgegebenen Losung, es handele sich um einen aus dem Westen gesteuerten faschistischen Putsch, tiefgreifende Irritationen auf allen Funktionärsebenen ausgelöst hatte, führte auch in der Leipziger Bezirksleitung des Künstlerverbandes zu Panik und Irritation. In der Tagesordnung der Sitzung vom 3. Juli 1953 tauchten der 17. Juni und der Neue Kurs zwar mit keinem Wort auf, im Protokoll heißt es aber: „Kollege Warnecke teilt mit, daß einige Kollegen ihn im Büro fragten, wie sie nach dem neuen Kurs der Regierung jetzt malen sollen.“ Die Antwort: „Nach den Äußerungen des Kollegen Münze sollen wir den Begriff sozialistischer Realismus nicht mehr popularisieren. Eine konkrete Anleitung ist jedoch nicht gegeben worden.“3

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