Читать книгу Es kommt schon alles, wie es soll онлайн

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Am Anfang habe ich mir noch nicht so viel dabei gedacht. Eine meiner ausgeprägtesten Charaktereigenschaften war schließlich, dass ich irgendwie immer alles und jeden verstehen konnte. Ich war nie ein Freund vom Schwarz-Weiß-Denken und ich war immer stolz darauf, Dinge aus verschiedensten Perspektiven betrachten zu können und dadurch so manches sah, was anderen verborgen blieb. In diesem Fall stellte sich aber heraus, dass mir genau diese Eigenschaft zum Verhängnis wurde.

Während ich also immer verstand, wenn Mirko gestresst war, und dabei versuchte, ihm so viel wie möglich abzunehmen und selbst so wenig wie möglich zur Last zu fallen, sah ich nicht, dass er eigentlich gar keinen Grund hatte, gestresst zu sein. Sein Bürojob verlangte ihm nicht allzu viel ab, sein bester Kumpel musste nicht verärgert sein, wenn Mirko ihm mal nur fünf Tage anstatt sieben Tage auf dem Bau half und es sollte auch kein Weltuntergang sein, wenn man in Kreisliga C mal keinen Siegtreffer erzielte.

Aber genau das war es für ihn, und ich bekam es zu spüren. Es kam vor, dass er sich einfach nicht mehr meldete und wenn ich ihn anrief, war er wieder gestresst. Er erzählte mir nicht, was in seinem Kopf vorging. Wenn wir zusammen waren, hing er an seinem Handy und beachtete mich nicht. An einem guten Tag verriet er mir, wie sehr er seinen Job hasste und eigentlich lieber etwas Anderes machen würde. Vielleicht etwas mit Sport. Klang für mich logisch, so sehr wie er sich in seiner Freizeit über alles Mögliche darüber informierte. Also ermutigte ich ihn, etwas zu ändern. Er war Mitte 20 und alles andere als verdammt, den Rest seines Lebens etwas zu tun, was er hasste. Natürlich erforderte Veränderung auch immer etwas Mut, aber ich war fest entschlossen, ihn zu unterstützen. Also suchte ich Ausbildungsmöglichkeiten, Fernstudiengänge, Quereinstiege. Alles in unserer Nähe, denn ohne seine Freunde hätte Mirko niemals leben können. Und das war vollkommen okay, denn auch ich liebte unsere Heimat und meine Freunde, wenn auch etwas weniger bedingungslos. Ich versuchte alles, um Mirko zu unterstützen. Wenn er glücklich wäre, würde auch bei uns wieder alles gut sein. Das Strahlen in seinen Augen würde zurückkehren, wenn er mich sah, und ich würde mich wieder wie etwas ganz Besonderes fühlen. Doch er interessierte sich gar nicht dafür und ignorierte mich und meine Hilfsversuche. Stattdessen strafte er mich, für was auch immer, mit Nichtbeachtung, während er unter Leuten der fürsorgliche und witzige Traumtyp blieb. Das ging nicht spurlos an mir vorbei. Und ohne es rechtzeitig zu merken, verwandelte ich mich von einer lebenslustigen jungen Frau in ein kleines Häufchen Elend. Wenn Mirko keine Lust auf mich hatte, wartete ich geduldig auf dem Abstellgleis. Wenn er mich wollte, war ich da. Ich wünschte mir, ihn einfach wieder glücklich zu sehen. Aber das tat ich nicht. Und immer, wenn ich kurz davor stand, einen Schlussstrich zu ziehen und mich nicht weiter so behandeln zu lassen, kam wieder ein guter Tag. Dieses unbeschreibliche Leuchten kehrte in seine Augen zurück, wenn er mich ansah. Dann behandelte er mich wie seinen größten Schatz. Genau diese Tage waren es, die es mich nicht übers Herz bringen ließen, mich von Mirko zu trennen.

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