Читать книгу Das Dorf des Willkommens онлайн

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Und nun, da unser eigenes Leben vor einer unberechenbaren Bedrohung steht, und wir nicht wissen, ob ihre Eindämmung gelingt, offenbart dieser Egoismus sein feiges Gesicht. Die Konsequenzen, die er geschaffen hat, zeigen sich in ihrer ganzen Dramatik: die Lager, in die man die Unerwünschten gesteckt hat, die Obdachlosen in den Straßen der Großstädte, die vielen Menschen in prekärer Arbeit, die afrikanischen Erntehelfer in den Barackensiedlungen, das Geschäftemachen mit Gesundheitswesen und Bildung, die Zerstörung der Umwelt durch unser Wirtschaftssystem, die grenzenlose Profitgier, der zügellose Konsumwahn.

Der Profit zählt mehr als das Leben. Das Interesse des Kapitals wird geschützt, zum Nachteil der öffentlichen Gesundheit. Wo liegt jetzt die Grenze? Woher kann Rettung kommen? Eine schwere Ungewissheit lastet auf der Gegenwart.

Warum scheint die Sicherheit des Menschen heute mehr wert zu sein als der Mensch an sich? Ist der Imperativ »Alle, zu jeder Zeit!« wirklich eine Utopie? Wenn unsere Antwort auf diese Fragen lautet: »Wir nehmen nur den, der es verdient, aufgenommen zu werden!«, oder: »Wir sollten erst sehen, ob es sich für uns lohnt!«, dann fällen wir die wenig mutige Entscheidung, uns vor der Verantwortung für andere zu drücken. Wir kompromittieren damit auch unsere eigenen Beziehungen, ob eng oder lose, ob die zu unserem Nachbarn oder die zu einem Fremden. Frei sind wir nur, wenn wir in der Lage sind, individuelle und kollektive Verantwortung miteinander zu vereinen. Ich jedenfalls kenne auf diese Fragen nur eine Antwort. Immer wenn ich am Strand stand, die Füße im Wasser, und hinausschaute aufs Meer, dann hatte ich eine Gewissheit: Wer immer an unsere Tür klopft, ob es ein Elender ist, ein Flüchtling oder ein Reisender, er bedeutet die einzige Rettung für die ganze Welt, die einzige Hoffnung gegen die Gewalt der Geschichte.

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