Читать книгу Das materialgestützte Schreiben aus literaturdidaktischer Perspektive. Geschichte – empirische Untersuchungen – Unterrichtspraxis онлайн

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Aus diesen differierenden Ansprüchen resultiert die Deutschland noch immer prägende Dreigliederung des Schulsystems, die sich mit den Erfordernissen konfrontiert sah – und immer noch sieht –, eine breite Bildung der Gesellschaft im Sinne einer „Volksaufklärung“10 vorzunehmen, die ökonomischen Interessen der Gesellschaft zu befriedigen, eine Mittelschicht auf den Beruf vorzubereiten sowie humanistische Bildungsideale in der Tradition des Lateinunterrichts hochzuhalten. Im Zuge der sich in Europa durchsetzenden Industrialisierungen wurden zunehmend auch naturwissenschaftlich ausgebildete Arbeitskräfte benötigt, die in der Bildung von Realgymnasien mündeten. Das Wahren traditioneller Werte und Inhalte konkurrierte demnach mit den ökonomischen Interessen und den gesellschaftlichen Forderungen nach Partizipation.

Der Einfluss der Rhetorik

Bis weit ins 19. Jahrhundert wurde der Deutschunterricht maßgeblich von der antiken Rhetorik und der lateinischen Sprache, die noch bis ins 17. Jahrhundert die Unterrichtsorganisation und die Inhalte beeinflusst hat, geprägt. Dabei ging es nicht nur um das Halten von Reden im gesellschaftlichen oder schulischen Kontext. Gerade in der Frühen Neuzeit war die Vermittlung der Redekunst das übergeordnete Bildungsziel, an dem sich alle Fächer – „Grammatik, Syntax, Etymologie, lateinische Autorenlektüre, (…), Logik, Dialektik, Philosophie“1 – ausrichteten. Orientiert am antiken Ideal wurden die Reden zunächst übersetzt und analysierend nachvollzogen. Die rhetorischen Übungen zielten darauf ab – unabhängig davon, ob sie in lateinischer oder deutscher Sprache durchgeführt wurden –, einen guten Stil auszuprägen. Auch als im 17. Jahrhundert die deutsche Sprache Einzug in die Schulen hielt, war die Rhetorik noch inhaltsdominierend.

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