Читать книгу Leben nach der DDR. Was die Wende dem Osten brachte онлайн

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Wie das konkret lief, zeigten diverse Gerichtsverfahren, zum Beispiel jenes über die Privatisierung der Rostocker Bagger-, Bugsier- und Bergungsreederei (BBB) 1994 vor dem Landgericht Rostock.

Anfang 1990 arbeiteten dort noch 2.522 Mitarbeiter, die Reederei verfügte über 138 Schiffe. Es gab zwar Investitionsbedarf, die BBB galt aber als sanierungsfähig. Dann wurde das Unternehmen gegen große Versprechungen und für nur 50.000 DM an einen Strohmann der niederländischen Jan-Zwagerman-Gruppe verkauft. Am 16. September 1993 wies der BBB-Betriebsratsvorsitzende Ingo Schöngraf Treuhandchefin Birgit Breuel darauf hin, dass selbst diese geringe Summe aus dem Betriebsvermögen stammte. Sie antwortete am 5. Oktober 1993: »Den Vorwurf der grob fahrlässigen Privatisierung müssen wir zunächst mit aller Entschiedenheit zurückweisen. Zum Zeitpunkt der Privatisierung lagen nach unseren Recherchen keine Verdachtsmomente vor, die einem Verkauf der Geschäftsanteile … entgegengestanden hätten.«

Der Rostocker Richter sah das anders und gestand »Investor« Zwagerman mildernde Umstände zu: »Schließlich ist auch zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass die Treuhandanstalt mit einer fatalen Leichtgläubigkeit den Bekundungen des Angeklagten … Glauben schenkte und durch die Veräußerung eines Unternehmens von überregionaler Bedeutung an eine de facto vermögenslose GmbH erst die Voraussetzungen für die vom Angeklagten begangenen Straftaten schaffte.« Er bekam sechs, sein Strohmann fünf Jahre Haft. Die BBB-Belegschaft hatte längst ihre Arbeit verloren.

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