Читать книгу Leben nach der DDR. Was die Wende dem Osten brachte онлайн

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Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags erfuhren zu diesen Ermittlungen Konkreteres, denn verschiedene Untersuchungsausschüsse beschäftigten sich mit den Treuhandaktivitäten. In der Drucksache 12/6664 des Deutschen Bundestags vom 24. Januar 1994 hieß es: »Die Stabsstelle ›Besondere Aufgaben‹ der Treuhandanstalt ist seit ihrem Bestehen ab Februar 1991 bis September 1993 in über 1.400 Fällen dem Vorwurf strafrechtlich relevanten Verhaltens nachgegangen. In diesem Zeitraum wurden 586 Ermittlungsverfahren der staatlichen Strafverfolgungsbehörden registriert; 188 dieser Ermittlungsverfahren wurden aufgrund von Strafanzeigen der Treuhandanstalt eingeleitet. Von diesen 586 Ermittlungsverfahren betrafen 292 Verfahren Privatisierungsvorgänge; 56 dieser Ermittlungsverfahren sind eingestellt worden, in 64 Fällen liegen Urteile vor, und in 7 weiteren Fällen ist Anklage erhoben worden.«

Die Bundesregierung mochte die Diskussion um diese Fälle nicht besonders. Sie verwies lieber auf die Erfolge der Treuhand, denn immerhin hatte sie ja in nur viereinhalbjähriger Tätigkeit, bis auf kleine Restbestände, die ostdeutsche Wirtschaft verkauft, rund 1,5 Millionen Arbeitsplätze »gerettet«, 65 Milliarden Mark erlöst und Investitionen in Höhe von gut 200 Milliarden angestoßen. Dahinter stand ein einmaliger politischer Vorgang, über den nicht viel diskutiert worden war und es auch im Nachhinein nicht noch werden sollte: Die Bundesregierung wollte das Problem der Ostbetriebe so schnell wie möglich loswerden, mit der radikalen Liquidation der vormaligen DDR-Wirtschaft aber möglichst wenig zu tun haben. Unter diesem Gesichtspunkt arbeitete die Treuhand überaus erfolgreich. Obwohl sie eigentlich nur eine Anstalt des öffentlichen Rechts im Geschäftsbereich des Finanzministeriums war, stand sie in einem weitgehend ungeklärten rechtlichen Status neben der Regierung und verfügte über eine Machtfülle, die größer als die der »neuen Bundesländer« war. Durch das Einbinden von Oppositionspolitikern und Gewerkschaftern als Mitglieder des Verwaltungsrats gelang es ihr, den Eindruck eines »überparteilichen« Agierens zu erwecken.

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