Читать книгу Selbst- und Welterleben in der Schizophrenie. Die phänomenologischen Interviews EASE und EAWE онлайн
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1.3 Schizophrenie als Selbststörung – ein historischer Rückblick
Frühe Beschreibungen von Selbstentfremdung oder Depersonalisation in der Psychopathologie waren nicht auf die heute im Schizophreniespektrum versammelten Erkrankungen beschränkt: Ein Sich-selbst-Fremdwerden im weiteren Sinne zeigte sich als so charakteristisch für psychische Erkrankungen, dass bereits der Psychiater Wilhelm Griesinger (1861) die Entfremdung als ihr Grundmerkmal ansah und die französische Psychiatrie sie generell mit dem Begriff aliénation (Entfremdung) bezeichnete.
1.3.1 Emil Kraepelin und Eugen Bleuler – Dementia Praecox und Schizophrenie
Die Frage nach der Grundstörung in der Schizophrenie beginnt mit deren erstmaliger Konzeption bei Emil Kraepelin. Er unterteilte die endogenen Psychosen 1896 in zwei Gruppen: einerseits die phasisch verlaufenden Psychosen mit vorherrschender affektiver Symptomatik, die er als »manisch-depressives Irresein« bezeichnete (Kraepelin 1899, S. 160); andererseits die Psychosen mit paranoid-halluzinatorischen, katatonen oder desorganisierten Syndromen und progressiv-chronischem Verlauf, für die er den Begriff »Dementia praecox« wähltessss1. Neben der psychotischen Symptomatik beschrieb Kraepelin verschiedene prodromale Anzeichen, die der Produktivsymptomatik vorausgingen: